In der Anlage Fordo wird Uran angereichert.

Foto: APA/AFP

Teheran – Die iranischen Atombehörde (AEOI) hat am Samstag mit der Aufkündigung des Atomwaffensperrvertrages gedroht, sollte das Wiener Atomabkommen nicht vertragsgerecht umgesetzt werden. Der Iran hatte 1970 den internationalen Atomwaffensperrvertrag ratifiziert, der auf eine "friedliche Nutzung" von Kernenergie zielt. Das Wiener Atomabkommen von 2015 sollte nach Zweifeln daran de facto verhindern, dass die Islamische Republik Nuklearwaffen entwickeln kann.

Nach mehr als vier Jahren hatte der Iran zuletzt die Urananreicherung in der unterirdischen Anlage Fordo südlich von Teheran wieder aufgenommen und damit gegen das Wiener Atomabkommen verstoßen. Die Führung in Teheran will damit den Druck auf die nach dem Ausstieg der USA verbliebenen Vertragspartner erhöhen, ihren Verpflichtungen aus dem Atom-Deal nachzukommen.

Einseitiger Ausstieg

Die USA waren Anfang Mai 2018 einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen und hatten Sanktionen gegen das Land verhängt. Die US-Regierung versucht mit einer Politik des "maximalen Drucks", den Iran zu einer Neuverhandlung des Atomabkommens mit schärferen Auflagen zu bewegen. Die anderen Vertragspartner halten an dem Deal zwar noch fest, sind aber ohne die USA nicht in er Lage, ihn umzusetzen. Viele Unternehmen schrecken davor zurück, im Iran zu investieren. Teheran geht es besonders um die Aufhebung der US-Sanktionen, die das Land in eine Wirtschaftskrise gestürzt haben.

AEOI-Sprecher Behrouz Kamalvandi sagte, die Urananreicherung bis zu einem Grad von 4,5 Prozent habe begonnen. Mitte der Woche war Uran-Gas in die 1044 Zentrifugen in Fordo eingeleitet worden. Laut Wiener Atomvertrag sollte Fordo nur für wissenschaftliche Projekte genutzt werden, die Zentrifugen dort durften ohne Einleitung von Gas lediglich getestet werden.

IAEO vor Ort

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien sei über alle Schritte in Fordo in Kenntnis gesetzt worden, sagte Kamalvandi. IAEO-Inspektoren seien auch an Ort und Stelle präsent und überprüften den Prozess. Die iranische Atombehörde lud auch einheimische Medienvertreter nach Fordo ein, ausländische Journalisten durften hingegen nicht teilnehmen.

Westliche Geheimdienste haben der iranischen Führung mehrfach vorgeworfen, die unterirdische Atomanlage Fordo für militärische Zwecke zu nutzen. Daher war auch die Umwandlung der Anlage in ein Forschungszentrum einer der Kernpunkte bei den Atomverhandlungen zwischen dem Iran und den fünf UNO-Vetomächten – China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA – sowie Deutschland.

AKW-Bau

Laut Kamalvandi beginnt der Iran am Sonntag auch mit dem Bau eines zweiten Atomkraftwerks in Bushehr im Südiran. Die Bauarbeiten an dem zweiten AKW sollen bis 2025 dauern. Danach werde der Iran dann mit dem Bau des dritten Atomkraftwerks beginnen, so der Sprecher. Das erste AKW in Bushehr mit einem 1.000-Megawatt-Reaktor hatte der Iran in Zusammenarbeit mit Russland gebaut.

Präsident Hassan Rouhani hatte es inakzeptabel genannt, dass ein Abkommen nur von einer Seite respektiert werde. Daher weist Teheran auch internationale Besorgnis und Kritik vehement zurück. "Haltet Euch an das Wiener Abkommen, dann tun wir das auch", sagte Außenminister Mohammad Javad Zarif. Auch Rouhani betont, dass der Iran umgehend zu den Bestimmungen des Atom-Deals zurückkehren werde, sobald dieser vertragsgerecht umgesetzt sei.

Russland setzt ungeachtet der Wiederaufnahme der Urananreicherung in der iranischen Atomanlage Fordo weiter auf Dialog im Konflikt mit dem Westen. "Wir müssen der Diplomatie eine Chance geben", sagte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am Samstag in Moskau der Agentur Tass zufolge. "Es gibt viele Ideen, und wenn es einen politischen Willen gibt, können sie auch umgesetzt werden." Was er konkret damit meinte, sagte Rjabkow nicht. Rjabkow sprach seinem Ministerium zufolge mit seinem iranischen Kollegen Abbas Araqchi in Moskau. Dabei sei es auch darum gegangen, wie eine weitere Eskalation der Lage verhindert werden könne. Moskau sei sich mit Teheran einig, dass es keine Maßnahmen geben dürfe, die für weitere Spannungen sorgen könnten, sagte Rjabkow. (red, APA, 9.11.2019)