Mit dem 9. November 1989 ging die deutsche Teilung nach rund 40 Jahren zu Ende, die Berliner Mauer selbst hatte mehr als 28 Jahre Bestand.

Foto: Foto: imago images/Pacific Press Agency

Zur Erinnerung an den Mut der DDR-Opposition im Herbst 1989 wurden Kerzen entzündet.

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Berlin – Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgerufen, die 1989 errungene Freiheit gegen neue Anfeindungen zu verteidigen. "Der 9. November, in dem sich in besonderer Weise sowohl die fürchterlichen als auch die glücklichen Momente unserer Geschichte widerspiegeln, ermahnt uns, dass wir Hass, Rassismus und Antisemitismus entschlossen entgegentreten müssen."

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier appellierte an die Europäer, weiter engagiert an der Einheit des Kontinents zu arbeiten. Nicht alle Hoffnungen und Ziele beim Einreißen des Eisernen Vorhangs seien erreicht worden. "Freiheit und Demokratie, Wohlstand und Zusammenhalt in Europa bleiben große und anspruchsvolle Ziele."

Die Spitzen des deutschen Staates gedachten am Samstag in Berlin bei der zentralen Feier auf dem früheren Todesstreifen an der Bernauer Straße des Falls der Mauer vor genau 30 Jahren. Steinmeier hatte dazu auch die Staatsoberhäupter der Slowakei, Tschechiens, Polens und Ungarns – Zuzana Caputova, Milos Zeman, Andrzej Duda und Janos Ader – nach Berlin eingeladen. "Ohne den Mut und den Freiheitswillen der Polen und Ungarn, der Tschechen und Slowaken wären die friedlichen Revolutionen in Osteuropa und die deutsche Einheit nicht möglich gewesen", sagte er beim Denkmal für den Beitrag der vier Visegrad-Staaten zum Mauerfall. Die Freiheitsbewegungen in diesen Ländern hatten ihn erst möglich gemacht.

Der 9. November sei ein Schicksalstag der deutschen Geschichte, sagte Merkel. Sie erinnerte an die Pogromnacht der Nationalsozialisten von 1938. Darauf seien Menschheitsverbrechen und der Holocaust gefolgt. Das Niederreißen der Mauer 1989 zeigt aus Sicht der deutschen Bundeskanzlerin: "Keine Mauer, die Menschen ausgrenzt und Freiheit begrenzt, ist so hoch oder so breit, dass sie nicht doch durchbrochen werden kann."

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer erinnerte auf Twitter an den Mut der Ostdeutschen: "Auch heute geht es um Mut und Zuversicht." Mit Blick auf die Pogromnacht 1938 erklärte sie in einem weiteren Tweet außerdem: "Begonnen hatte es mit verrohter Sprache, Hass und Hetze, Ausgrenzung und Diffamierung. Der 9. November ist auch ein Tag, der mahnt – für heute und die Zukunft."

Bei dem Gedenken steckten Steinmeier, Merkel und andere hochrangige Politiker wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller für die Mauer-Opfer gelbe und orange Rosen in die Hinterlandmauer. Zur Erinnerung an den Mut der DDR-Opposition im Herbst 1989 wurden Kerzen entzündet. Bei Demonstrationen getragene Kerzen waren damals das Symbol des gewaltlosen Widerstands.

Mit dem 9. November 1989 ging die deutsche Teilung nach rund 40 Jahren zu Ende, die Berliner Mauer selbst hatte mehr als 28 Jahre Bestand. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen starben an der etwa 160 Kilometer langen Mauer in der deutschen Hauptstadt mindestens 140 Menschen durch das DDR-Grenzregime.

In Berlin wurde am Samstag mit umfangreichen Feierlichkeiten und einer großen Bühnenshow am Brandenburger Tor des 30. Jahrestags des Mauerfalls gedacht. Auch in Österreich wurde der 30. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer gewürdigt. Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärte etwa auf Facebook, am 9. November 1989 sei "vielleicht zum ersten Mal" die Idee eines vereinten Europas "tatsächlich greifbar nahe" gewesen. "Damals, am 9. November 1989, haben der Mut, die Freiheit und die Demokratie einen Sieg errungen." In einem weiteren Posting erinnerte Van der Bellen an die Novemberpogrome 1938: Diese "läuteten die dunkelsten Jahre österreichischer Geschichte ein" – und: "wir müssen auch heute gegen jegliche Form von Antisemitismus und Rassismus aufstehen."

Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein bezeichnete den Fall der Berliner Mauer als "Zäsur in der Geschichte unseres Kontinents und unerlässlich für die Einheit Europas": "Bei allen noch immer bestehenden Herausforderungen und Unterschieden leben wir heute in eng verbundener europäischer Nachbarschaft, geprägt von Frieden und Freiheit", unterstrich Bierlein in einer Stellungnahme. (red, APA, 9.11.2019)