SJ-Vorsitzende Julia Herr soll im SPÖ-Klub eine tragende Rolle übernehmen.

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SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wertet eine parteiinterne Kritikerin auf.

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Wien – SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner will die Jung-Abgeordnete Julia Herr im roten Parlamentsklub zur Bereichsprecherin für den Klimaschutz machen. Damit bekäme die 26-Jährige innerhalb ihrer Fraktion eine gewichtige Rolle, denn Klimaschutz wird wohl eines der zentralen Themen der aktuellen Legislaturperiode werden, erst recht, wenn eine Koalition aus ÖVP und Grünen zustande kommt. Herr, so lautet offenbar eine Überlegung, wäre damit eine Speerspitze gegen Türkis-Grün. Und die linke Fraktion innerhalb der SPÖ, so ein Nebeneffekt, könnte damit in der aktuellen Tagespolitik aufgewertet und besänftigt werden.

Herr ist erst seit diesem Oktober im Parlament vertreten, sie hatte auf dem 7. Platz der SPÖ-Bundesliste kandidiert und knapp den Einzug in den Nationalrat geschafft. Die Burgenländerin, die ihren Wohnsitz mittlerweile nach Wien verlegt hat, ist Vorsitzende der Sozialistischen Jugend und schon Kraft dieses Amtes auf ständigem Konfrontationskurs mit der Parteispitze. Die Forderungen der SJ decken sich selten mit der viel gemäßigteren Linie der Bundespartei. Noch 2018 hatte Herr kritisiert, dass sich die "historische Aufgabe, den Kapitalismus zu überwinden" nicht im neuen Parteiprogramm der SPÖ wiederfände.

Reibungen mit der Parteispitze

Zuletzt hatte Herr heftig gegen die Bestellung von Christian Deutsch zum Bundesgeschäftsführer der SPÖ opponiert und gemeinsam mit anderen, vorwiegend jüngeren Parteirebellen eine Erneuerung der SPÖ verlangt. Einen Sonderparteitag, wie von einigen in der SPÖ gefordert, lehnt Rendi-Wagner ab, sie sucht dennoch nach Möglichkeiten, die parteiinternen Kritiker in die Gestaltungsprozesse einzubinden.

"Das Thema Klimaschutz ist eines der drängendsten der Zeit, nicht nur der Zukunft, sondern schon jetzt", sagt Rendi-Wagner im Gespräch mit dem STANDARD. Gerade unter einer zu erwartenden Regierung aus ÖVP und Grünen werde dieses Thema auch eine strategisch wichtige Rolle in der politischen Kommunikation spielen. Rendi-Wagner sagt, mit Herr sei dieses Thema glaubwürdig besetzt und vertreten. Herr sei eine engagierte junge Politikerin, die sich des Themas bereits angenommen habe und gerade bei den Jugendlichen über große Glaubwürdigkeit verfüge. Dass es nur darum gegangen sei, die parteiinternen Kritiker zu besänftigen und den linken Flügel mehr einzubinden, will die SPÖ-Chefin so nicht stehen lassen. "Herr und die Parteijugend haben bereits eine eigene Klimastrategie entwickelt", sagt Rendi-Wagner, die SPÖ greife immer wieder auf diesen "green new deal" zurück. Dabei gehe es insbesondere auch um einen sozial verträglichen Klimaschutz. "Diese Besetzung fußt auf der fachlichen Kompetenz, die zweifellos gegeben ist", sagt Rendi-Wagner.

Sitzung am Dienstag

Entschieden wird darüber am Dienstag. Am Mittwoch tagt wieder das Plenum des Nationalrats, am Tag zuvor finden die Sitzungen der Klubgremien statt. Das Präsidium wird einen Vorschlag machen, der Vorstand über diesen dann abstimmen.

Gegen die These, das es nur darum gehe, den linken Flügel zu befrieden, spreche im Übrigen die Tatsache, dass Herr auf dem siebten Listenplatz für die Nationalratswahl und zuvor (ohne Erfolg) auf dem 6. Listenplatz für die EU-Wahl kandidiert hatte – auf direkten Wunsch von Rendi-Wagner, und zwar bevor noch die aktuellen Streitereien und Flügelkämpfe ausgebrochen sind. (Michael Völker, 10.11.2019)