Die Lehre steckt in der Krise.

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Karriere mit Lehre – das Versprechen vieler Betriebe zieht immer weniger Junge an. Die Wirtschaftskammer schlägt wieder einmal Alarm. Heuer haben weniger Jugendliche eine Lehre begonnen. Ende Oktober starteten demnach 34.497 Lehrlinge ihre Berufskarriere, 1,8 Prozent weniger als im Oktober 2018. "Unternehmen suchen händeringend junge Menschen für offene Lehrstellen, können diese aber nicht besetzen", klagt die WKO. Es ist nicht das erste Mal, dass die Arbeitgeber in der Analyse des Lehrstellenmarkts zu einem anderen Ergebnis kommen als die Arbeiterkammer. Rund 22.000 Jugendliche finden trotz Suche keine Lehrstelle in einem Betrieb, heißt es nämlich bei den Arbeitnehmervertretern.

Doch wo liegt nun die Wahrheit? Wie so oft irgendwo in der Mitte. Wegen der demografischen Entwicklung gibt es tatsächlich weniger Jugendliche als früher. Und es zieht die Jungen in höhere Schulen. Insgesamt absolvieren derzeit rund 110.000 Menschen in Österreich eine Lehrausbildung. In den vergangenen Jahren gab es wenig Bewegung. Der große Einbruch liegt schon Jahre zurück. Zwischen 2005 und 2015 ist die Zahl der Lehrlinge um gut ein Fünftel (21 Prozent) geschrumpft. Gründe dafür gab es mehrere.

… und dann laufen sie davon

Es waren die Zeiten, als die Eltern ihrem Nachwuchs dringend nahegelegt haben, sich durch höhere Bildung zu verbessern. Gleichzeitig haben die Betriebe den Aufwand gescheut, denn Lehrlinge auszubilden macht auch viel Arbeit. Die über 50-Jährigen hat man abgebaut, in die Ausbildung Jüngerer wollten viele Unternehmen nicht investieren. Ein beliebtes Argument: Da bilde ich die Jungen aus, und dann laufen sie davon. Am liebsten werden 19-Jährige mit einer Erfahrung von fünf Jahren gesucht, sagen böse Zungen.

Doch auch die Wirtschaftskämmerer haben recht. Seit Jahren stehen auf der Beliebtheitsskala traditionelle Lehrberufe wie Bürokauffrau, Friseurin, Kfz-Techniker und Tischler ganz oben. Spengler warten oft mehr als ein Jahr auf Bewerbungen, ebenso lange bleiben manche Stellen in Hotels unbesetzt. IT-Fachleute werden ebenfalls händeringend gesucht.

Was also tun? Die Politik hat schon vieles richtig gemacht. Lehre mit Matura ist möglich, neue Lehrberufe wurden geschaffen, alte Berufsbilder auf einen zeitgemäßen Stand gebracht – und man versucht, Frauen für neue Branchen zu gewinnen. Die Lehre ist oft besser als ihr Ruf. Die letzten Meter müssen aber die Firmen gehen. (Regina Bruckner, 10.11.2019)