Die Staatschefs der G20 (und Ivanka Trump) beim letzten Gipfel in Japan im Juni 2019.

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Berlin – Die G20-Staaten tun einer internationalen Untersuchung zufolge weiterhin zu wenig, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Der Treibhausgasausstoß der 19 Industrie- und Schwellenländer und der EU steige weiter, heißt es im "Brown to Green"-Report, den das Netzwerk Climate Transparency am Montag veröffentlichte – drei Wochen vor Beginn der UN-Klimakonferenz in Madrid.

Im vergangenen Jahr nahmen die Emissionen demnach um 1,8 Prozent zu. Die führenden Industrie- und Schwellenländer der G20 sind für 80 Prozent des Treibhausgasausstoßes verantwortlich. Auf Kurs für das 1,5-Grad-Ziel ist dem Bericht zufolge kein Land der Gruppe.

Die Wissenschafter und Umweltschützer haben auch eine optimistische Botschaft: Rund die Hälfte der G20, darunter die EU, dürften ihre bisherigen selbstgesetzten Klimaziele übererfüllen. Damit könnten sie wie im Pariser Klimaabkommen vorgesehen im Jahr 2020 neue, ehrgeizigere Ziele vorlegen.

16.000 Tote jährlich durch Extremwetterereignisse

In dem Abkommen haben sich fast alle Länder der Welt vorgenommen, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen – viele Staaten und Experten halten das 1,5-Grad-Ziel für notwendig. Um knapp ein Grad hat sich die Erde schon erwärmt. Wenn die Staaten nur ihre aktuellen Klimaschutzzusagen erfüllen, dürften es Klimaforschern zufolge bis Ende des Jahrhunderts drei Grad werden – mit katastrophalen Folgen für Gletscher und Polareis, Korallenriffe, Artenvielfalt und die Menschheit.

Der Klimawandel lässt das Risiko für extreme Hitze- und Kältewellen, Dürren, schwere Stürme und Starkregen schon jetzt steigen. Extreme Wetterereignisse kosten in den G20-Staaten dem Bericht zufolge jährlich rund 16.000 Menschenleben und führen zu wirtschaftlichen Einbußen von 142 Milliarden Dollar (129 Milliarden Euro).

82 Prozent der Energie aus fossilen Quellen

Nach den Maßstäben des 1,5-Grad-Berichts des UN-Klimarats müssten die G20-Staaten ihren Treibhausgasausstoß bis 2030 um mindestens 45 Prozent im Vergleich zu 2010 reduzieren, erläutern die Experten im "Brown to Green"-Report. Bis 2070 dürften sie unterm Strich keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Das bedeutet, dass alle verbleibenden Emissionen ausgeglichen werden müssten. Dafür müsste der Verbrauch von Erdöl, Kohle und Erdgas drastisch sinken. Derzeit beziehen die G20-Länder 82 Prozent ihrer Energie – nicht nur für Strom, sondern auch für Verkehr und Heizungen – aus solchen fossilen Quellen. Und der Energiebedarf steigt.

"Der neue 'Brown to Green'-Report zeigt, dass es in allen relevanten Bereichen Vorreiter unter den G20-Staaten gibt, die den Wandel zur Emissionsfreiheit vorantreiben", sagt Jan Burck von der NGO Germanwatch, einer der Autoren des Berichts. "Allerdings geschieht dies bisher nur in Teilbereichen und, bezogen auf die gesamte G20, noch deutlich zu langsam."

Climate Transparency wird unter anderem von der Weltbank unterstützt. Der "Brown to Green"-Report stellt seit 2015 jedes Jahr dar, wie die G20 im Klimaschutz vorankommen. Das sind Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, die Türkei, die USA und die EU. (APA, dpa, 11.11.2019)