Beim ÖAV sieht man die E-Mountainbikes durchwegs positiv. Das wahre Problem sei der Mangel an legalen Routen.

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Innsbruck – Die Aussagen des Leiters der Münchner Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV), der Mountainbiken in den Bergen grundsätzlich einschränken will, sorgten zuletzt für Aufsehen. Zwar wurde dieser in einem TV-Interview getätigte Vorstoß mittlerweile zur "persönliche Einschätzung" im Vorfeld der DAV-Jahreshauptversammlung relativiert, doch auf Nachfrage des STANDARD bleibt man bei der mit 1,3 Millionen Mitgliedern größten Bergsportvereinigung der Welt gegenüber E-Mountainbikes skeptisch.

"Wir wissen als Organisation, dass wir das Rad der Zeit nicht zurückdrehen können. Aber wir sehen die aktuelle Entwicklung kritisch. Wir stehen für Bergsport aus eigener Kraft. Denn alles, was motorunterstützt ist, zerstört den Berg auf lange Sicht", erklärt DAV-Sprecher Thomas Bucher. Allerdings setze man zur Lösung von diesbezüglichen Konflikten nicht auf Verbote, sondern auf freiwillige Konzepte: "Ziel ist, eine Lenkung der Massen dorthin zu erwirken, wo man sie sich wünscht."

ÖAV beim Thema E-Bikes auf "anderer Linie"

Beim Österreichischen Alpenverein (ÖAV) kann man die Skepsis der deutschen Partnerorganisation nicht wirklich nachvollziehen, wie Peter Kapelari, Leiter der Abteilung Hütten, Wege und Kartografie sagt: "Wir sind bei diesem Thema auf einer anderen Linie und sehen das E-Mountainbike grundsätzlich positiv." Wobei Kapelari klar zwischen klassischen Pedelecs und motorradähnlichen Fahrzeugen, die mit Daumengas funktionieren, unterscheidet.

Zu den Pluspunkten der geländegängigen Pedelecs zählt für den ÖAV-Experten, dass sie dazu beitragen, mehr Menschen zur Bewegung in der Natur zu animieren. So ermögliche das E-Bike ein neues Miteinander im Bergradsport: "Nun kann der träge Ehemann wieder mit seiner sportlichen Gattin mithalten, und man unternimmt zusammen eine Ausfahrt. Oder umgekehrt." Außerdem sei die Funktion als umweltfreundliches Transportmittel nicht zu unterschätzen, sagt Kapelari: "Mittels E-Bikes kann man den Kfz-Verkehr in gewissen Tälern reduzieren."

Positive Nutzungsmöglichkeiten

Im Nationalpark Kalkalpen funktioniere beispielsweise eine Kooperation mit den Bundesforsten vorbildhaft, die genau das zum Ziel hat. Dort wurden Forststraßen für E-Bikes freigegeben, um Besucher so auf umweltfreundliche Weise ins Schutzgebiet zu bringen, erklärt Kapelari.

Allerdings merkt er auch kritisch an, dass es durch die E-Bikes vereinzelt zu Entwicklungen gekommen sei, die man seitens des ÖAV nicht gutheiße. So habe es Fälle von Kletterern gegeben, die im sonst schwer zugänglichen Karwendel neue Routen in den Fels gebohrt haben. Die dazu nötigen Maschinen hätten sie mit E-Bikes transportiert.

ÖAV sieht kein Problem

Insgesamt überwiegen jedoch die positiven Aspekte, so der Experte. Die Empfehlung des DAV, auf den Hütten seiner Sektionen das Laden von Akkus zu untersagen, kann er daher nicht nachvollziehen. "Wir haben eigentlich nirgends das Problem, dass unsere Hütten zu Ladestationen umfunktioniert würden", sagt Kapelari. Seitens des DAV erklärt Sprecher Bucher, dass die diesbezügliche Aufforderung aus der Jahreshauptversammlung 2018 nur als Empfehlung zu verstehen sei und weder kontrolliert noch sanktioniert werde.

ÖAV-Hüttenbeauftragter Kapelari schränkt allerdings in dieser Hinsicht ein, dass man es nicht gutheiße, wenn zum Nachladen von Akkus auf Schutzhütten Dieselaggregate genutzt würden. Wenn Hütten ihren Strom jedoch aus Sonnen- oder Wasserkraft gewinnen, wie es beim Großteil der Fall sei, so solle man auch das Nachladen erlauben. Die Kollegen in der Schweiz und in Italien würden diese Meinung des ÖAV teilen.

Tirol Werbung kann Ladeverbot nichts abgewinnen

Weil E-Bikes mittlerweile zum Tourismusfaktor geworden sind, kann man der DAV-Empfehlung hinsichtlich des Nachladens auch bei der Tirol-Werbung "wenig abgewinnen", wie Sprecher Florian Neuner sagt. Denn eine solche Aufforderung hat direkte Auswirkungen auf den heimischen Tourismus. Immerhin betreibt der DAV in Österreich 182 Schutzhütten, viele davon in Tirol. Dort hat man wiederum mit dem Mountainbike Modell 2.0 eine praktikable Lösung für die Lenkung von Bergsportlern gefunden, die zu Fuß oder mit dem Rad – ob mit oder ohne E-Motor – unterwegs sind.

Insgesamt hält man beim ÖAV wenig von der in Deutschland geführten Diskussion um eine mögliche Einschränkung vom Radfahren auf den Bergen, wie Kapelari erklärt: "Wir haben hierzulande ein ganz anderes Problem. Es fehlt an legalen und bedarfsgerechten Strecken für Mountainbiker." In Deutschland, wo kein generelles Verbot für Mountainbiker auf den Bergen und in den Wäldern gilt, sei die Thematik eine gänzlich andere. (Steffen Arora, 12.11.2019)