Österreichs Präsident Alexander Van der Bellen empfängt Weißrusslands Präsident Aleksandr Lukaschenko zu einem offiziellen Besuch in Österreich.

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Wien/Minsk – Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Dienstag den weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko in Wien empfangen. Es handelt sich um den ersten offiziellen Besuch des autoritären Staatschefs in einem EU-Land seit 2016, als die Sanktionen gegen Weißrussland aufgehoben wurden. Der Langzeitpräsident regiert die ehemalige Sowjetrepublik seit einem Vierteljahrhundert. Neben Van der Bellen und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka trifft Lukaschenko informell auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz.

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko ist in Wien eingetroffen.
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Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Van der Bellen sagte er auf eine Journalistenfragen nach dem "autoritären Stil": "Sie haben völlig recht. Unsere Staatsführung ist unterschiedlich."

"Wenn Sie mich fragen, was besser ist? Wir würden kein gemeinsames Verständnis finden", erklärte Lukaschenko. In einer langen Antwort lobt er die Errungenschaften seines Landes. "Bevor Sie Bewertungen abgeben, fahren Sie lieber nach Weißrussland. Wir sind ein offenes Land." Die Abschaffung der Todesstrafe lehnte Lukaschenko ab und verwies auf ein Referendum von 1996, mit dem diese Strafmaßnahme eingeführt wurde.

Besuch mit Symbolwert

Lukaschenko sprach in der gemeinsamen Pressekonferenz davon, dass Österreich ein "äußerst wichtiger und zuverlässiger Partner" sei. Lukaschenko sprach in einer gemeinsamen Pressekonferenz davon, dass Österreich ein "äußerst wichtiger und zuverlässiger Partner" sei.

Der weißrussische Politikanalyst Artjom Schrajbman sagte im Ö1-"Morgenjournal", dass Österreich nicht ohne Grund Lukaschenkos erstes Besuchsziel sei. Dieser schätze es, dass sich Wien stets für die Aufhebung der EU-Sanktionen starkgemacht habeDem Staatschef gehe es auch darum zu zeigen, dass er salonfähig geworden sei, so Schrajbman. Im Ukraine-Konflikt habe Lukaschenko Minsk zur Verhandlungsplattform gemacht. Auch die weißrussische proeuropäische Opposition äußerte Kritik an der Annäherung der EU an Weißrussland.

Menschenrechtler fordern klare Worte

Auch weißrussische Menschenrechtsaktivisten wünschten sich von Van der Bellen am Dienstag klare Worte zur Menschenrechtslage in Weißrussland. Waljanzin Stefanowitsch von der Menschenrechtsorganisation Wjasna betonte, dass Weißrussland das einzige Land in Europa sei, das die Todesstrafe noch anwende. Das Argument der Regierung, dass es ein Referendum zugunsten der Todesstrafe gab, lässt Stefanowitsch nicht gelten. Die Abstimmung habe 1996 stattgefunden, und seither gebe es eine neue Generation in Weißrussland.

Der autoritäre Präsident erhielt heute in Wien einen offiziellen Staatsempfang.
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Kein wirklicher Fortschritt

Außerdem wünschte sich Stefanowitsch, dass in Wien die erhofften Schritte für eine politische Liberalisierung angesprochen werden, also konkrete gesetzliche Reformen bei den Bürger- und Menschenrechten. Hier beobachten die Experten zwei parallele Prozesse. Einerseits verfolge die Regierung eine sogenannte "softe Praxis". Das bedeute, dass "sie versucht, nicht harte Formen der Repression anzuwenden wie die Festnahme von Demonstrationsteilnehmern oder politische Häftlinge."

Aber andererseits "können wir nicht sagen, dass wir irgendeinen Fortschritt in der Menschenrechtssituation sehen". Die Gesetze seien weiterhin voller Restriktionen bei den Bürgerrechten wie Meinungsfreiheit, Versammlungs- und Medienfreiheit. NGOs seien "komplett vom Staat kontrolliert", die Regierung blockiere Internetseiten nach Belieben. Außerdem könne die Regierung ihre Toleranz jederzeit wieder zurücknehmen, wie zuletzt im März 2017, als Menschen gegen Strafsteuern für längere Arbeitslosigkeit protestierten. (APA, red, 12.11.2019)