Bereits eine Zigarette am Tag verdoppelt laut einer Studie das Risiko für plötzlichen Kindstod.

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Wenn Frauen in der Schwangerschaft rauchen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Säugling am sogenannten plötzlichen Kindstod stirbt. Nikotin in Zigaretten spielt dabei eine zentrale Rolle, wie nun eine Studie von US-Forschern der Universität Arizona zeigt. Das Ergebnis der Untersuchung: Nikotin beeinträchtigt die Funktion von Nervenzellen in Neugeborenen, die dadurch bei überlebenswichtigen Reflexen nicht mehr schnell genug reagieren können.

Für ihre Tierexperimente implantierten die Wissenschafter schwangeren Ratten Minipumpen unter die Haut, die Nikotin abgaben, das über die Plazenta und nach der Geburt über die Muttermilch vom Jungtier aufgenommen wurde. Anschließend imitierten die Forscher eine Situation mit Atemnot, wie sie etwa entsteht, wenn eine Bettdecke über dem Gesicht eines Neugeborenen liegt.

Es zeigte sich, dass aufgrund der Nikotinbelastung jene Nerven in ihrer Funktion abgestumpft waren, die in einer solchen Situation die Mundbodenmuskulatur ansteuern. Diese halten die oberen Atemwege offen. Bei dem Versuch starben zwölf von 135 Ratten, neun davon waren zuvor Nikotin ausgesetzt gewesen.

Ratten atmen ähnlich wie Menschen

Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit die Ergebnisse der Tierstudie auf den Menschen übertragen werden können. "Die neurologischen Abläufe und die Atemsteuerung sind bei Ratten nicht wesentlich anders als bei Menschen. Deshalb ist das Tiermodell klar anwendbar und die Resultate übertragbar", sagt der Lungenfacharzt und Kindermediziner Alexander Möller vom Universitäts-Kinderspital Zürich, der selbst nicht an der Studie beteiligt war.

Auch Christoph Bührer von der Klinik für Neonatologie an der Charité Berlin hält die Ergebnisse der Tierstudie für plausibel: "Diese Art von Experimenten lässt sich beim Menschen nicht durchführen – deshalb sind letztlich Tierexperimente auch nötig. Die Ergebnisse der tierexperimentellen Studien passen aber sehr gut zu epidemiologischen Daten, die einen Zusammenhang zwischen Rauchen in der Schwangerschaft und plötzlichem Kindstod belegen."

Auch E-Zigaretten sind keine Alternative

Bereits eine Zigarette am Tag verdoppelt das Risiko für den plötzlichen Kindstod. Das ergab eine andere Studie, die im März 2019 veröffentlicht wurde. Die Forscher betonen, dass sich die Fallzahlen an plötzlichem Kindstod um 22 Prozent verringern könnten, wenn alle Schwangeren mit dem Rauchen aufhören würden.

Die Wissenschafter aus Arizona betonen, dass der Konsum von nikotinhaltigen Produkten jeder Art in der Schwangerschaft die Gefahr für einen plötzlichen Kindstod erhöht. Demnach seien auch E-Zigaretten keine sichere und sinnvolle Alternative. "Die Tabakindustrie will den Menschen weismachen, dass elektronische Zigaretten harmlos und weitaus weniger schädlich als konventionelle Zigaretten sind. Das mag für das Problem des Lungenkrebses und die chronische Raucherlunge stimmen, aber hier ist es eben das Nikotin. Dieses ist in elektronischen Zigaretten zum Teil noch viel höher konzentriert als bei normalen Zigaretten", sagt Möller. (red, 13.11.2019)