Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez verkündet eine Regierungseinigung mit der linkspopulistischen Unidas Podemos.

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Plötzlich geht alles ganz schnell. Der geschäftsführende spanische Ministerpräsident und Vorsitzende des sozialistischen PSOE, Pedro Sánchez, und der Chef der linksalternativen Unidas Podemos (UP), Pablo Iglesias, unterzeichneten am Dienstag im Parlament einen vorläufigen Regierungsvertrag. Es waren nicht einmal 48 Stunden vergangen, seit die Wahllokale am Sonntagabend geschlossen hatten.

Iglesias wird einer der beiden stellvertretenden Regierungschefs. Die bisherige sozialistische Wirtschaftsministerin Nadia Calviño wird den zweiten Stellvertreterposten einnehmen. Iglesias wird politischer Vizepräsident, Calviño, die lange einen Posten in Brüssel innehatte, wird sich um die Koordination der wirtschaftlichen Maßnahmen kümmern. Die Unterschriftenzeremonie vor laufenden Kameras kam völlig überraschend. Es war nichts durchgesickert.

Iglesias sprach von einer "historischen Notwendigkeit" und verwies auf die zunehmende Gefahr durch die rechtsextreme Vox, die am Sonntag drittstärkste Partei wurde. "Soziale Maßnahmen", die die neue Regierung umsetzen werde, seien "die beste Impfung gegen den Rechtsextremismus", erklärte er und versprach mit Blick auf die Krise in Katalonien eine "Politik des territorialen Dialogs". Die neuen Regierung werden "die Erfahrung der Sozialisten mit dem Mut von Unidas Podemos" zusammenführen.

Parlamentarischer Segen noch vor Weihnachten?

"Wir haben den Willen der Wähler umgesetzt", erklärte ein lächelnder Sánchez. Es sei ein Abkommen für eine "stabile, fortschrittliche Regierung" für eine ganze Legislaturperiode. Weitere Details sollen in den nächsten Wochen bekanntgegeben werden. Die neue Regierung wird sich wohl noch vor der Weihnachtspause der Abstimmung im Parlament stellen.

Bereits nach der Wahl im April wäre eine solche Koalition möglich gewesen, doch scheiterten die Verhandlungen an der harten Haltung von Sánchez. Er wollte auf keinen Fall Iglesias ins Kabinett aufnehmen. Als dieser verzichtete, bot Sánchez drei Ministerien ohne große Befugnisse an. Nach einer ersten gescheiterten Abstimmung im Parlament war dann sogar nur noch von einem gemeinsam ausgehandelten Regierungsprogramm die Rede, das Sánchez dann in einer rein sozialistischen Regierung umsetzen wollte. UP weigerte sich. Die Neuwahl vom Sonntag wurde unumgänglich.

Totale Überraschung

Das Abkommen überraschte nicht nur die Presse und die Öffentlichkeit, sondern auch die anderen Parteien. Die Führung der größten Oppositionskraft, des Partido Popular (PP), war versammelt, als die Zeremonie angesetzt wurde. Laut Presse diskutierten die Konservativen, ob sie Sánchez eine große Koalition anbieten sollen, um so eine Linksregierung zu verhindern.

Iñigo Errejón, einst Nummer zwei von UP und jetzt Chef der neuen links-grünen Kraft Más País, sagte der Koalition seine Unterstützung zu. "Besser spät als nie. Wir werden daran arbeiten, dass eine Parlamentsmehrheit zustande kommt", erklärte er.

Genau das ist die größte Herausforderung, vor der Sánchez und Iglesias jetzt stehen. Beide haben am Sonntag Stimmen und Sitze verloren. Hatten die beiden Parteien nach der April-Wahl zusammen 165 der für eine absolute Mehrheit notwendigen 176 Sitze, sind es jetzt nur noch 155. Neben Más País braucht die Regierung auch die Unterstützung von baskischen und katalanischen Parteien. Und die wird es ohne einen Dialog mit der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien nicht geben. (Reiner Wandler aus Madrid, 12.11.2019)