Besonders Minderjährige brauchen dem EuGH zufolge besonderen Schutz. Maßnahmen wie Haft oder die Übergabe an den Jugendschutz sind Optionen für gewalttätige Migranten.

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Luxemburg – Wie geht man mit gewalttätig gewordenen Migranten um – eine Frage, die in Integrationsdebatten stark polarisiert. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat jedenfalls entschieden, dass auch gewalttätigen Geflüchteten nicht jegliche Unterstützung für Unterkunft und Verpflegung entzogen werden darf. Selbst nur vorübergehend verstößt dies laut EuGH gegen die Grundrechtecharta der Europäischen Union. Strafen bis hin zur Haft sind danach aber ausdrücklich zulässig. (Az: C-233/18)

Im konkreten Fall geht es um einen minderjährigen Migranten aus Afghanistan. Er wurde in Belgien in einem sogenannten Unterbringungszentrum aufgenommen. Dort beteiligte er sich an einer Schlägerei zwischen Bewohnern unterschiedlicher Herkunft. Der Leiter der Einrichtung setzte ihn danach für 15 Tage vor die Tür und gewährte auch keine anderweitige materielle Hilfe. Er bekam lediglich eine Liste mit Obdachlosenunterkünften, verbrachte die 15 Tage aber in einem Brüsseler Park oder bei Freunden.

Ausschluss eingeklagt

Diesen Ausschluss von der Flüchtlingsunterkunft klagte der Afghane ein. Das zuständige Gericht fragte den EuGH, ob eine solch scharfe Sanktion mit EU-Recht vereinbar sei. Der EuGH betonte, dass die Richtlinie über die Unterbringung von Geflüchteten aus 2013 Strafen ausdrücklich zulässt. Allerdings müssten solche Sanktionen verhältnismäßig sein.

Die "elementarsten Bedürfnisse" und ein "würdiger Lebensstandard" müssten "dauerhaft und ohne Unterbrechung" gewährleistet bleiben. Dafür reiche eine Liste mit privaten Obdachlosenunterkünften nicht aus. Das gelte allemal für Minderjährige, betonten die Luxemburger Richter. Diese seien "besonders schutzwürdig". Nach der EU-Grundrechtecharta müsse daher auch eine Entscheidung über Strafsanktionen "unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohls ergehen".

Haft als Alternative

Als mögliche Sanktionen nannte der EuGH die Unterbringung in einem besonderen Teil der Flüchtlingseinrichtung oder auch Haft. Minderjährige könnten auch der Obhut des Jugendschutzes übergeben werden. (APA, 12.11.2019)