ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Grünen-Chef Werner Kogler haben ihre Verhandlungsteams am Dienstag fixiert.

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Einblicke in einen möglichen Zeitplan oder inhaltliche Schnittmengen gaben die beiden Parteichefs nicht.

Foto: Matthias Cremer
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Zwar drücken ÖVP und Grüne bei den Koalitionsverhandlungen jetzt aufs Tempo – Teams wie Themen von Bürgerlichen und Ökos stehen bereits fest. Allzu hohe Erwartungen, dass noch vor Weihnachten eine Regierung paktiert werden könnte, bremste Grünen-Boss Werner Kogler aber am Dienstag humorvoll ein: Immer wieder bekomme er zu lesen, wie beliebt die Expertenregierung von Kanzlerin Brigitte Bierlein sei – und da wollen "wir den Advent nicht dieser Regierung berauben", sagte er. Im Gegenteil: Er, Kogler, habe nie verstanden, warum es zu Weihnachten eine neue Regierung braucht.

Am frühen Abend traten die Obleute von ÖVP und Grünen dann erstmals in einem gemeinsamen Statement zu den Koalitionsverhandlungen vor die Medien. Wobei die Gemeinsamkeit des Auftritts auch schon die größte Neuigkeit der Ausführungen von Sebastian Kurz und Werner Kogler bildete. Im Wesentlichen wiederholten beide jene Allgemeinplätze, die sie schon separat vermeldet hatten. Beispiel Kurz: "Es gibt viele Bereiche, wo es möglich erscheint, aufeinander zuzugehen und sich zu finden – und es gibt Bereiche, wo es deutlich schwieriger wird." Ähnlich informativ Kogler: "Wir könnten in einigen Bereichen schwerer zueinander finden, in anderen leichter." Wer mehr – etwa über die zeitlichen Vorgaben der Verhandlungen – wissen wollte, wurde an unzugängliche Orte verwiesen: "Das ist nur in unseren Köpfen."

Sebastian Kurz und Werner Kogler zum Start der Koalitionsverhandlungen.
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Sondierer steuern nun

Konkrete Informationen gab es dagegen schon im Laufe des Tages zu den Verhandlern. Die zwölfköpfige Steuerungsgruppe besteht aus den beiden sechsköpfigen Sondierungsteams mit den Parteichefs an der Spitze. Zur Erinnerung: Neben ÖVP-Chef Kurz gehören dessen Berater Stefan Steiner und Klubchef August Wöginger dem Chefverhandlerteam an, ebenso wie die drei Exminister Gernot Blümel, Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck. Von den Grünen sind neben Bundessprecher Kogler für die Steuerungsgruppe Wiens Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, Oberösterreichs Landesrat Rudi Anschober, die Abgeordneten Leonore Gewessler und Alma Zadić sowie Finanzexperte Josef Meichenitsch nominiert.

Dazu kommen sechs weitere Hauptgruppen mit sechs großen Agenden, für die pro Partei jeweils ein Verantwortlicher benannt wurde. Eine Ebene darunter werden die Details dann in spezialisierten Fachgruppen diskutiert, die jeweils 50 Verhandler von ÖVP und Grünen umfassen.

Die erste Hauptgruppe nennt sich Staat, Gesellschaft und Transparenz. Bei letzterem Komplex haben sich sowohl ÖVP als auch Grüne schon vor der Wahl angesichts von Ibiza-Gate für eine Kontrolle der Parteifinanzen durch den Rechnungshof ausgesprochen – wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Geleitet wird diese Gruppe von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Zadić – bevor die Juristin zu den Grünen stieß, arbeitete sie für die Liste Jetzt im U-Ausschuss rund um den Verfassungsschutz und machte sich so einen Namen.

Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer, der einen grünen Wirtschaftsminister bereits als "denkunmöglich" bezeichnet hat, und der grüne Budgetexperte Meichenitsch matchen sich im Bereich Wirtschaft und Finanzen. Letzterer ist studierter Volkswirt – bevor er zum Leiter der Geldwäscheprüfungen bei der Finanzmarktaufsicht aufstieg, war er unter anderem bei der irischen Zentralbank tätig.

Die türkise Ex-Umweltministerin Köstinger verhandelt mit Öko-Expertin Gewessler, einst Geschäftsführerin von Global 2000 und Listenzweite bei der Nationalratswahl, den Themenblock Klimaschutz, Umwelt, Infrastruktur und Landwirtschaft.

In der Gruppe Europa, Migration, Integration und Sicherheit sitzen einander ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer und Oberösterreichs Integrationslandesrat Anschober gegenüber. Dort gilt als ein Knackpunkt von vielen, dass die ÖVP das Kopftuchverbot auf Kinder bis 14 Jahre und auf Lehrerinnen an Schulen ausweiten will. Ebenfalls kritisch sehen die Grünen die Deutschförderklassen für Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen.

Um soziale Sicherheit, Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung kümmern sich für die ÖVP Klubobmann Wöginger und für die Grünen Wiens Landesparteichefin Hebein. Schwierig könnte es da beim Thema Mindestsicherung werden, denn die Volkspartei will an der mit Blau paktierten neuen Sozialhilfe festhalten, die Kürzungen für kinderreiche Familien vorsieht – was man damit begründete, "Zuwanderung ins Sozialsystem" hintanzuhalten.

Ex-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und die grüne Vizeklubchefin Sigrid Maurer versuchen währenddessen bei Bildung, Wissenschaft, Forschung und Digitalisierung Einigungen zu erzielen. (Theo Anders, Nina Weißensteiner, 12.11.2019)