Ein Land, das hervorragende Wissenschaft kultiviert, wird auch zu einem erfolgreichen Wirtschaftsstandort. Diesem Kalkül folgend gibt es viele Fürsprecher für Spitzenforschung in Österreich. Sie soll für globale Sichtbarkeit sorgen und als Orientierungspunkt für die gesamte nationale Forschungslandschaft dienen.

Die Forderung nach wissenschaftlicher Exzellenz als Impulsgeber für die Wirtschaft wird auch bei der Industriellenvereinigung (IV) großgeschrieben. Dort schlägt man etwa als sehr ambitioniertes Ziel vor, dass bis 2030 zumindest drei der heimischen Universitäten unter den Top 100 gereiht sein sollen. Im Moment ist darin keine vertreten.

Der Campus von IST Austria: Für die Industriellenvereinigung ist das Institut ein ganz wesentlicher "Leuchtturm" der Exzellenzforschung.
Foto: Heribert Corn www.corn.at

"Wir sehen klar, dass wir mehr Exzellenz in der Forschung benötigen. Universitäten sind ein Schlüssel dafür", sagt Isabella Meran-Waldstein, Bereichsleiterin Forschung, Technologie, Innovation (FTI) bei der Industriellenvereinigung.

"Eine Exzellenzinitiative mit entsprechender Profilbildung und internationaler Sichtbarkeit ist eine Voraussetzung für eine systemweite Verbesserung." Es gehe darum, bei technologischen Entwicklungen nicht nur auf sichere Karten zu setzen, sondern auch risikoreichere Ansätze hervorzubringen.

Schnittstellen zur Wirtschaft

Gleichzeitig müssen die Schnittstellen zwischen Hochschulen und Unternehmen weiter verbessert werden. "Forschung wird komplexer und multidisziplinärer. Die Unternehmen brauchen deshalb starke wissenschaftliche Partner", betont Meran-Waldstein.

Auch diese Partnerschaften werden in Zukunft komplexer und vielschichtiger. Um den Austausch zwischen Hochschulen und Industrie zu vertiefen, initiierte die IV zuletzt ein eigenes Dialogformat: Unter dem Titel "Zukunftsreise Hochschule" werden Campusspaziergänge an Universitäten und Fachhochschulen organisiert, um Ideen in Lehre, Administration und Forschung zu besprechen.

IV-Innovationsleiterin Isabella Meran-Waldstein.
Foto: IV / Karl Michalski

Zuletzt wurden die Budgets der Universitäten um knapp 15 Prozent aufgestockt. Mit einer guten Finanzierung allein ist die Arbeit aber nicht getan. Meran-Waldstein: "Die andere Frage ist, wie das Geld investiert wird. Wie gelingt eine gemeinsame und koordinierte Profilbildung von Hochschulen und Unternehmen? Auf welche Bereiche konzentriert man die Energien?"

Österreich liegt mit einer Forschungsquote von 3,19 Prozent des BIP im europäischen Spitzenfeld. In die Quote sind 49 Prozent der Basisfinanzierung der Hochschulen eingerechnet, insgesamt kommen zwei Drittel aber von Unternehmen. Die hohen Forschungsausgaben machen Österreich allerdings nicht automatisch zu einem der innovativsten Länder – in dieser Hinsicht liegt man eher im Mittelfeld.

Förderung von Ausgründungen

In puncto Wissenstransfer ist für Meran-Waldstein etwa die Förderung von Ausgründungen im Hochschulbereich ein Thema: "Blickt man in die Schweiz, kümmert man sich an der ETH Zürich weitaus intensiver um Spin-offs als in Österreich." Doch auch hierzulande gibt es gute Ansätze.

Vor kurzem wurde etwa am IST Austria – für Meran-Waldstein ein "ganz wesentlicher Leuchtturm für die Exzellenzforschung in Österreich" – ein Technologiepark eröffnet, um hier Wirtschaft und Wissenschaft näher zusammenzubringen. Als Kooperation der Hochschule mit einem Investmentunternehmen unterstützt zudem der IST Cube, ein auf akademische Ausgründungen spezialisierter Seed-Fonds, die Entwicklung von Tech-Start-ups.

Für die IV-Bereichsleiterin ist dabei wesentlich, dass die Einrichtung nicht nur für Ausgründungen des IST, sondern auch für alle anderen Institutionen offen ist.

Die Kooperation zwischen Hochschulen und Unternehmen hat zuletzt mit vielen Kooperationsprojekten, mit Comet-Zentren oder Christian-Doppler-Laboren, eine große Intensivierung erfahren. "Es gibt aber durchaus Forschungserkenntnisse, für die kein Partner da ist", betont Meran-Waldstein dennoch. "Ein Technologie-Matching und die aktive und intensive Bewirtschaftung der Schnittstellen, die in die Universitäten hineinführen, müssen weiter professionalisiert werden, um ein internationales Top-Niveau zu erreichen. Da ist durchaus noch Luft nach oben."

MINT-Fächer fördern

Seit mittlerweile 25 Jahren gibt es auch Fachhochschulen in Österreich. Die praxisnahe Hochschulausbildung kam hierzulande gut an, und der Bereich wurde stark ausgebaut. Viele der FHs haben sich auch in Forschung und Entwicklung einen Namen gemacht und kooperieren auf vielfältige Weise mit der Wirtschaft.

"Den Ausbau der Fachhochschulen sehe ich sehr positiv. Auch deshalb, weil sie ihrerseits den Universitäten eine stärkere Profilbildung und mehr Fokus auf Forschung erlauben", sagt Meran-Waldstein. "Eine interessante Initiative sind gemeinsame Doktoratsformate, auch zwischen Unis und FHs."

Gerade in den Feldern der Industrie 4.0 und der Digitalisierung sind die Unternehmen darauf angewiesen, dass genug einschlägig ausgebildete Absolventen verfügbar sind. Junge Menschen für die sogenannten Mint-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu begeistern liegt deshalb im ureigenen Interesse der Industrie.

Nachwuchs sicherstellen

Die "Sicherstellung des Mint-Nachwuchses" ist Inhalt entsprechender Förderprogramme. Meran-Waldstein hebt das "Mint-Gütesiegel" hervor, mit dem die IV in Kooperation mit dem Bildungsministerium und der Pädagogischen Hochschule Wien und der Organisation Wissensfabrik Schulen und Kindergärten auszeichnet, die neue Zugänge zu diesen Fächern schaffen sowie forschendes und fächerübergreifendes Lernen kultivieren.

"Unsere Intention wäre, diese Initiative stärker in die Fläche zu bekommen", sagt die IV-Vertreterin. Es ist ein Ansatz, der langfristig Rekrutierungsschwierigkeiten entgegenwirken soll. Meran-Waldstein: "Wir werden aber bereits mittelfristig 20 Prozent mehr Absolventen in den Mint-Fächern benötigen." (Alois Pumhösel, 18.11.2019)