Der frühere rote Verkehrsminister Jörg Leichtfried übt Kritik an den Mautausnahmen.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien – Eine türkis-pink-grüne Allianz gegen einen rot-blauen Antrag: Das hat man im Nationalrat auch noch nie erlebt. Passiert ist genau das am Montag, als im Budgetausschuss die weitere Finanzierung des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) auf der Tagesordnung stand. Der einst von den Sozialpartnern gegründete Verein finanziert sich großteils aus Eigenmitteln, braucht aber Unterstützung aus dem Bundesbudget. Deshalb schlugen SPÖ und FPÖ zusätzlich zur grundsätzlichen Budgetzusage ein Plus von 600.000 Euro Budget vor.

Doch Grüne, Neos und ÖVP sorgten für eine Vertagung des Antrags – die letzteren beiden Parteien wollen den VKI auf Effizienz prüfen, die Grünen einen besseren Gesetzestext, der auch für die Zukunft hält. "Wir wollen, dass die Finanzierung des VKI kurzfristig gesichert wird und langfristig auf eine fixe Basis gestellt wird", erklärt die grüne Abgeordnete Ulrike Fischer. Sie verbucht als Erfolg, dass Sozialministerin Brigitte Zarfl sich im Ausschuss klar zum VKI bekannte.

Den Konsumentenschützern wäre es allerdings lieber gewesen, rasch ein stabiles Budget zu haben. Denn der VKI hängt derzeit in der Luft. "Wir brauchen die Finanzierung sehr dringend", sagt VKI-Betriebsratschefin Ulrike Docekal. Es gebe bereits jetzt einen schleichenden Stellenabbau und eine Arbeitsverdichtung, aber die Lage spitze sich ohne Finanzierungszusage zu. "Wir haben das Gefühl, Spielball der Politik zu sein", sagt Docekal.

Kritik an Maut-Ausnahmen

Tatsächlich gab es im Budgetausschuss am Montag eine ganze Reihe von Maßnahmen, bei denen die Grünen nicht gegen die ÖVP stimmen wollten. Sogar im Verkehrsbereich, bei denen grüne und türkise Konzepte notorisch weit auseinanderliegen, kam es zu einer Einigung der nunmehrigen Koalitionsverhandler – unterstützt von den Neos. Auf einigen Autobahnstrecken im Westen Österreichs soll es künftig keine Vignettenpflicht mehr geben. Ziel der Maßnahme ist die Eindämmung von Ausweichverkehr, der entsteht, wenn Fahrzeuge zur Einsparung der Maut auf kleinere – nicht mautpflichtige – Straßen ausweichen. Der frühere Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) kritisierte die Ausnahmen. Er befürchtet, dass dadurch Einnahmenausfälle bei der Asfinag entstehen, die durch höhere Vignettenpreise kompensiert werden müssten. Auch umweltpolitisch könne er die Entscheidung nicht nachvollziehen.

Grünen-Chef Werner Kogler dürfte sich der schiefen Optik der grünen Zustimmung bewusst sein: "Was auf den ersten Blick seltsam erscheinen mag, ist grundvernünftig", rechtfertigte er sich am Dienstag. Die Maßnahme würde nämlich verkehrsgeplagten Gemeinden kurzfristige Abhilfe schaffen. Tatsächlich klagen Anrainer in grenznahen Regionen seit langem über Lärm- und Schadstoffbelastung durch Ausweichverkehr. Am Mittwoch wird das Vorhaben, das am 15. Dezember in Kraft treten soll, im Nationalrat beschlossen und bildet damit überhaupt das erste Gesetz der neuen Legislaturperiode.

Bereichssprecher bestimmt

Apropos Verkehr: In der Nationalratssitzung wird sich auch Umweltministerin Maria Patek zu Wort melden, um den Klimaplan ihres Ministeriums zu erklären. Der Plan soll eigentlich dazu dienen, Österreichs Weg zur Erreichung der EU-Klimaziele zu skizzieren. Umweltexperten haben das Dokument jedoch mit vernichtender Kritik bedacht. Gerade im Verkehrssektor würden effektive Maßnahmen zur Emissionsreduktion fehlen, die EU-Ziele werde man verfehlen, lautet der Tenor der Fachleute. Diese Kritik dürfte auch bei den Fraktionen Eindruck gemacht haben: Der Budgetausschuss stimmte am Montag einstimmig einem Grünen-Antrag zu, der die Regierung zu einer Überarbeitung des Plans auffordert.

Im Vorfeld der Parlamentsdebatte haben die Fraktionen bereits die Bereichssprecher gekürt und damit die Themen verteilt, um die sich die einzelnen Abgeordneten kümmern werden. Bei der ÖVP ändert sich vorerst nichts gegenüber der Vergangenheit. Bei der FPÖ übernimmt der ehemalige Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs den Budgetbereich. Wolfgang Zanger, der Protagonist der jüngsten blauen Liederbuchaffäre, bleibt als Rechnungshof-Sprecher in seiner alten Position.

Bei den Neos wird der Quereinsteiger Helmut Brandstätter für die außenpolitischen Agenden zuständig sein, Chefin Beate Meinl-Reisinger übernimmt keine Sprecherrolle. Anders ist das bei der SPÖ. Pamela Rendi-Wagner wird überraschend die außenpolitische Sprecherin der Roten. Sie begründet ihre Wahl damit, dass viele der aktuellen Krisen nur international gelöst werden könnten. Die Grünen haben sich noch nicht festgelegt. (fsc, mte, ta, 12.11.2019)