Eine Rakete schlug auf einer Autobahn ein.

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Gaza/Jerusalem – Die gezielte Tötung eines militanten Palästinenserführers und massive Raketenangriffe auf Israel schüren die Furcht vor einem neuen Gaza-Krieg. Israels Luftwaffe hatte am Dienstag bei einem Überraschungsangriff in Gaza Baha Abu al-Ata getötet, einen Militärchef der palästinensischen Terrororganisation Islamischer Jihad.

Auch dessen Ehefrau wurde getötet, bei Luftangriffen im Lauf des Tages noch acht weitere militante Palästinenser. Auch am Mittwoch kamen laut palästinensischen Angaben bei Angriffen acht Personen ums Leben.

Der israelischen Armee zufolge hatten die Militanten neue Raketenangriffe vorbereitet oder schon ausgeführt. Aus Sorge vor weiterer Gewalt sollten die Schulen in israelischen Grenzorten wie Sderot auch am Mittwoch geschlossen bleiben.

Mehr als 200 Raketen auf Israel abgefeuert

Mehr als 200 Raketen wurden nach Militärangaben seit Dienstag vom Gazastreifen aus auf Israel abgefeuert. Dutzende seien von der Raketenabwehr Iron Dome ("Eisenkuppel") abgefangen worden. Rund 40 Israelis wurden nach Angaben von Sanitätern verletzt. In der Nacht auf Mittwoch heulten in den Gebieten entlang des Gazastreifens erneut die Alarmsirenen. Medienberichten zufolge wurden in der Nacht mindestens zwei Raketen abgewehrt.

US-Vizepräsident Mike Pence verurteilte die Raketenangriffe auf Zivilisten in Israel. "Es ist klar, dass die Hamas und der palästinensische Islamische Jihad die Gewalt vor ein besseres Leben der Menschen in Gaza stellen", twitterte Pence am Dienstagabend. Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung.

"Kriegserklärung"

Der Islamische Jihad nannte den tödlichen Angriff auf seinen Militärchef eine "Kriegserklärung", damit seien "alle roten Linien überschritten" worden. Laut syrischen Angaben wurden bei einem weiteren Angriff der israelischen Luftwaffe auf einen anderen Jihad-Führer in Damaskus, Akram al-Ajouri, zwei Menschen getötet. Ajouri selbst sei nur verletzt worden.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu beschrieb Abu al-Ata als "den zentralen Verantwortlichen für Terrorattacken aus dem Gazastreifen". Der Militärchef stehe hinter Angriffen mit hunderten Raketen und sei dabei gewesen, neue Attacken zu planen.

Reservisten einberufen

Laut Medienberichten bemühen sich Ägypten und die Vereinten Nationen hinter den Kulissen intensiv um eine Beruhigung der Lage. Angesichts der Eskalation berief die israelische Armee hunderte Reservisten ein. Sie verlegt eigenen Angaben zufolge verstärkt Truppen ins Grenzgebiet. Die beiden Grenzübergänge von Israel in den Gazastreifen bleiben vorläufig geschlossen.

Ata war ein Anführer der Al-Quds-Brigaden, des bewaffneten Arms des Islamischen Jihad im Gazastreifen. Dieser gilt als zweitstärkste Extremistenorganisation nach der islamistischen Hamas. Beide Organisationen haben schon mehrfach Terroranschläge in Israel verübt.

In der Vergangenheit hatte Israel immer wieder gezielt militante Palästinenser getötet, darunter Führungsmitglieder der Hamas. Nach dem Gaza-Krieg 2014 hatte das Militär im Rahmen einer Waffenruhe diese Praxis jedoch weitgehend ausgesetzt.

Israel hatte während des Sechstagekriegs 1967 unter anderem das Westjordanland und den Gazastreifen erobert. Vor zwölf Jahren verschärfte es eine Blockade des Gazastreifens, die von Ägypten mitgetragen wird. Beide Länder begründen das mit Sicherheitsinteressen. Die Hamas wird von der EU, Israel und den USA als Terrororganisation eingestuft. Sie hat sich die Zerstörung Israels auf die Fahnen geschrieben. (APA, 13.11.2019)