Werner Kogler erhält in den Verhandlungen mit Sebastian Kurz (rechts) akademische Rückendeckung.

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Wenn sich Sebastian Kurz und Werner Kogler zum nächsten Verhandlungstermin treffen, könnte der Grünen-Chef dem ÖVP-Obmann ein neues Argumentarium in die Hand drücken. Es handelt sich um den Länderbericht der einflussreichen Industriestaatenorganisation OECD zu Österreich, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Er enthält – zwar nicht ausschließlich, aber doch – sehr viele Empfehlungen, die mit grünen Forderungen übereinstimmen.

Grundsätzlich entwickle sich Österreich wirtschaftlich gut, schreiben die Experten, doch die Kombination aus Wirtschaftsabschwung und strukturellen Mängeln veranlassen die Organisation, dem Land einen Aufgabenzettel auszuhändigen. Der befasst sich mit ökologischen und steuerlichen Defiziten ebenso wie mit Maßnahmen, mit denen die Folgen der zunehmenden Alterung abgefedert werden könnten

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Österreich droht die Klimaziele zu verfehlen.
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  • Umwelt: Die OECD meint, dass die Ausrichtung Österreichs auf Wachstum und Jobs ökologische Anliegen überschattet hätten. Der CO2-Preis und Umweltsteuern seien im internationalen Vergleich niedrig und sollten angehoben werden, um die Klimaziele zu erreichen. Als Beispiele gibt die Organisation an, dass Österreich bei Abgaben auf Diesel und Benzin nur an 16. und 17. Stelle in der EU stehe; auch die Energieabgabe liege deutlich unter dem Durchschnittsniveau der Industriestaaten. CO2-Steuern seien nicht nur positiv fürs Klima, sondern auch förderlich für nachhaltiges Wachstum, schreiben die Experten. Sie meinen, dass Österreichs Vorsprung bei umweltbezogenen Innovationen in den letzten Jahren zurückgegangen sei.
  • Verteilung: Ebenfalls Wasser auf die grünen Mühlen sind einige Anmerkungen der Organisation zur Steuerpolitik. Neben höheren Umweltsteuern spricht sich die OECD für Vermögenssteuern aus, um im Gegenzug den Faktor Arbeit zu entlasten. Zudem könnte das Land mit einer Erbschafts- und Vermögenssteuer die Ungleichheit reduzieren, heißt es.
  • Konsum: Überdies wird in dem Länderbericht Kritik an den vielen reduzierten Umsatzsteuersätzen in Österreich geäußert. Auf Lebensmitteln, Mieten, Nächtigungen oder Bücher werden beispielsweise nur zehn statt 20 Prozent eingehoben. Die OECD spricht sich einerseits für höhere Konsumsteuern aus, andererseits für eine Beseitigung der ermäßigten Sätze. Die daraus resultierende Mehrbelastung für Haushalte mit niedrigen Einkommen sollte durch direkte Transfers beseitigt werden. Wie bei Vermögens- und Umweltsteuern sieht die OECD auch in der Anhebung von Konsumabgaben ein Instrument, um im Gegenzug die Belastung der Erwerbseinkommen zu senken.
  • Integration: Auf der Seite Koglers ist die Industriestaatenorganisation auch, wenn es um die Integration von Migranten geht. Vor allem bei schlecht ausgebildeten Flüchtlingen schneide Österreich schlechter ab als vergleichbare Länder, heißt es in dem Bericht. Neben einer Verbesserung der Deutschkenntnisse wird viel Potenzial in der erhöhten Einbindung von Migranten am Arbeitsmarkt gesehen.
  • Ausgaben: Ähnlich wie die EU-Kommission und der Internationale Währungsfonds plädieren die Ökonomen der Industriestaatenorganisation für Reformen in den Bereichen Pensionen und Gesundheit, um Mehrbelastungen durch die Alterung der Gesellschaft zu dämpfen. Erneut wird gefordert, dass das Pensionsalter an die Lebenserwartung gekoppelt wird. Massive Sparpotenziale werden im Gesundheits- und Bildungssystem sowie in der öffentlichen Verwaltung gesehen. (Andreas Schnauder, 13.11.2019)