Thiem steht nach Siegen über Federer und Djokovic als Gruppensieger im Semifinale der ATP Finals in London. "Ich habe mir selbst bewiesen, dass ich zwei solche Riesenspieler in Folge schlagen kann."

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Uhlir und die Sporthilfe wissen um die Problematik.

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Schröcksnadel und der ÖSV schätzen den Galatermin.

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Es war am 31. Oktober, und es war in Wien. Im Rahmen der "Lotterien-Galanacht des Sports" wurde Marcel Hirscher (Ski alpin) als Österreichs "Sportler des Jahres 2019" geehrt, Vanessa Herzog (Eisschnelllauf) und Red Bull Salzburg (Fußball) freuten sich über die Titel "Sportlerin" bzw. "Mannschaft des Jahres". Abgestimmt hatten die Mitglieder der Sportjournalistenvereinigung "Sports Media Austria" ab 14. Oktober, am 20. Oktober endete die Frist. In einer SMA-Aussendung hieß es, man wollte "in den ersten Oktoberwochen noch die eine oder andere wichtige Sportveranstaltung" abwarten.

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Keine Chance auf Berücksichtigung in der Wertung hatten die auch nicht unwichtigen ATP Finals in London, der groß aufgezogene Schlusspunkt der Tennissaison. Man könnte meinen, und viele meinen es auch, dass diese Tatsache Dominic Thiem zum Nachteil gereicht. In der Sportlerwahl war Thiem hinter Hirscher, der seinen sechsten Titel davontrug, gelandet. Nun hebt er in London die Tenniswelt aus den Angeln. In einem, wie nicht nur er selbst meinte, "epischen Match" schlug der 26-jährige Niederösterreicher in der Nacht auf Mittwoch den Serben Novak Djokovic 6:7 (5), 6:3 und 7:6 (5).

"Unfassbares Zeichen"

"It's Thiem time", hieß es für 17.500 Menschen in der O2-Arena und durchschnittlich 311.000 Zuseher bei Servus TV. Schon am Sonntag hatte Roger Federer den Kürzeren gezogen (5:7, 5:7) gegen Thiem, der schon vor seinem heutigen Spiel (Donnerstag, 15 Uhr, Servus TV, Sky) gegen Matteo Berrettini als Gruppensieger und Semifinalist (Samstag) feststeht. "Für mich ein unfassbares Zeichen. Es gibt mir sehr viel Selbstvertrauen, dass ich mir selbst bewiesen habe, dass ich zwei solche Riesenspieler in Folge schlagen kann."

Die Galanacht wird von der Österreichischen Sporthilfe veranstaltet, deren Geschäftsführer Gernot Uhlir weiß um die terminliche Problematik. "Sportlich fair", sagt er dem STANDARD, "wäre natürlich ein Termin erst im Dezember." Damit verweist er indirekt auf Deutschland, wo die Jahresbesten stets eine Woche vor Weihnachten ausgezeichnet werden. Doch im Gegensatz zu Deutschland definiert sich Österreich als Wintersport- oder gar Skination. Von den jüngsten 20 Titeln fielen bei Herren und Damen je 14 an den Wintersport.

Alpinstress im Dezember

"Bei einem Galatermin im Dezember wäre kaum eine Wintersportlerin oder ein Wintersportler dabei", sagt Sporthilfe-Geschäftsführer Uhlir. Ein Blick auf den alpinen Kalender bestätigt es. Der 14., 15., 17., 20., 21., 22. und 23.Dezember sind Renntage. Noch am Abend vor Weihnachten – man glaubt es kaum – fahren die Herren in Alta Badia einen Parallel-Riesentorlauf.

Stefan Grüneis, Vizepräsident von SMA und Sportchef der Austria Presse Agentur (APA), verweist auf eine SMA-Vorstandssitzung Anfang Dezember. "Wir werden uns darüber Gedanken machen, ob es eine bessere Lösung gibt." Die Diskussion über den frühen Wahltermin wird heuer nicht zum ersten Mal geführt. Im Jahr 2000 etwa hatte Sturm Graz am 7. November den Gruppensieg in der Champions League fixiert, vier Tage nach der Gala.

Zu späte Resultate

Aktuell sorgen nicht nur Thiem, sondern etwa auch der Golfprofi Bernd Wiesberger, der in der europäischen Jahreswertung (Race to Dubai) führt, und das vor der EM-Qualifikation stehende Fußballteam für Leistungen, die in der Wahl 2019 keinen Niederschlag finden. "Wir sind uns dessen bewusst", sagen Grüneis und Uhlir unisono. Theoretisch müssten Resultate aus dem November und Dezember 2019 in die Wahl 2020 einfließen, praktisch passiert das klarerweise nicht.

Schröcksnadel: "Nie alle zufrieden"

ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel sagt dem STANDARD: "Man soll es lassen, wie es ist. Das perfekte Datum gibt es nicht. Für die Wintersportler ist der Herbsttermin eigentlich ein Nachteil, weil der letzte Winter ja lange zurückliegt. Es werden nie alle zufrieden sein – weder mit dem Termin der Gala noch mit der Wertung." Man könnte, regt Schröcksnadel an, "zwei Wertungen machen, eine für Wintersportler, eine für Sommersportler". Das wird allerdings kaum geschehen.

Dass sich für Thiem, Wiesberger und andere Sommersportler 2020 so oder so eine große Chance auftut, steht außer Zweifel. Schließlich findet nächstes Jahr kein Skigroßevent statt. "Außerdem", sagt Schröcksnadel, "ist der Marcel nicht mehr dabei." (Fritz Neumann, 14.11.2019)