Moderne Elektrotriebzüge können in Groß-Schweinbarth nicht fahren, denn die R18 im Weinviertel wurde nie elektrifiziert.

Foto: Matthias Cremer

Im Weinviertel gehen die Uhren anders. Während Bahnfahren und Klimaschutz in aller Munde sind, wird in Niederösterreich eine ÖBB-Nebenbahn für immer aus dem Netz genommen. Es geht um das sogenannte Schweinbarther Kreuz und die nichtelektrisierte Regionalbahn R18 von Obersdorf über Groß-Schweinbarth nach Bad Pirawarth/Gänserndorf.

Sie wird am 14. Dezember zum letzten Mal mit Dieseltriebzügen befahren. Mit dem ÖBB-Winterfahrplan ab 15. Dezember wird die inzwischen heruntergekommene und aufgrund zahlreicher Langsamfahrstellen zur Bummelstrecke verlangsamte Strecke vom ÖBB-Personenverkehr nicht mehr bedient. Als Ersatz kurven seit September im Halbstundentakt Busse durch die Gegend. Darauf haben sich Land Niederösterreich und Bahninfrastrukturbetreiber ÖBB im Sommer verständigt – trotz Widerstands der Bevölkerung.

Alternativkonzept mit Bus

"Das kommt wie angekündigt, ist nicht umkehrbar", bekräftigt Florian Krumböck, Sprecher von Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP). "Die ÖBB sperrt die Strecke zu, weil sie nicht zum Zielnetz 2025+ gehört, und wir akzeptieren das." Daher habe Niederösterreich ein umfassendes, angebotsorientiertes Alternativkonzept mit Bussen entwickelt und eingeführt. Mit 700 Fahrten (das wären bei Hin- und Rückfahrt 350 Fahrgäste) pro Tag lohne der Bahnbetrieb nicht, zu hoch wären die Investitionen in Gleise, technische Anlagen und Wagenmaterial, rechnet Krumböck vor.

Was die Fahrgastzahlen betrifft, gehen die Angaben auseinander. Verkehrsminister Andreas Reichhardt gab die Zahl der Passagiere noch im Juni mit 700 an, das wären doppelt so viele wie die in St. Pölten genannten. Das für eine Attraktivierung der R18 notwendige Nachfragepotenzial von 2000 Fahrgästen würde aber deutlich unterschritten, so der Minister. Bau- und Erhaltungskosten von rund 115 Millionen Euro in den nächsten zehn Jahren wären damit nicht argumentierbar. Hinzu kämen vier Millionen Euro jährlich für den Zugbetrieb, und überhaupt sei ein Dieselverbrauch von bis zu 550.000 Litern pro Jahr dem Klimaschutz nicht zuträglich.

Dieselbus statt Dieselzug

Bei den rund 60 Autobussen, die sich im Übergangsbetrieb seit September durch Ortschaften wie Raggendorf schieben, stört der Diesel nicht. Dieselbusse seien nur eine Übergangslösung, geplant ist der Einsatz von Elektrobussen. Für sie werde in Raggendorf um 3,2 bis 3,5 Mio. Euro ein Buspark mit E-Ladestationen errichtet. Zum Leidwesen der Anrainer. Sie protestieren seit Monaten gegen die "Bus-Invasion" und bombardieren die Landespolitik – ohne Erfolg. Sogar einen alternativen Bahnbetreiber haben sie aufgetrieben. Die staatliche Graz-Köflacher Bahn (GKB) hat laut Bahninsidern Interesse am Zugdienst signalisiert, ihr fehlten aber Bahntrasse (Fahrwegkapazität) und Dieseltriebzüge. Alternativideen zur Schließung wälzt man sogar bei der ÖBB: Mit 85 Millionen wäre eine Teststrecke für Akku-Elektrozüge möglich, sagen Insider. (Luise Ungerboeck, 14.11.2019)