Channel-Beispiele für ein GIS-finanziertes Flimmit aus dem Angebotskonzept des ORF an die Medienbehörde KommAustria: Kino "made in Austria", "Fokus Europa", "Serienhelden", "Archivschätze".

Foto: ORF

Wien – Die Online-Videothek Flimmit darf mit einem neuen Konzept Teil des öffentlich-rechtlichen ORF-Angebots werden. Das hat die Medienbehörde KommAustria am Donnerstag laut Aussendung entschieden. Der ORF darf demnach einen Online-Videoabrufdienst betreiben, der aus einer Kombination von ORF-Programmentgelt und Abonnementgebühren finanziert werden soll.

Der ORF hat ein entsprechendes Angebotskonzept mit dem Titel "Öffentlich-rechtlicher Abrufdienst mit fiktionalem Schwerpunkt (Film und Serie)" im April dieses Jahres in einem zweiten Anlauf bei der Behörde vorgelegt. Damit soll die bisher über Tochtergesellschaften im Besitz des ORF befindliche, kommerzielle Online-Videothek Flimmit zu einem eigenen, öffentlich-rechtlichen und werbefreien Abrufdienst umgebaut werden.

Neues Streaming-Großprojekt: ORF-Player "ORF On"

Der ORF hat seine Streamingstrategie inzwischen gründlich neu formuliert: 2020 soll die große Social- und Streamingplattform "ORF On" starten, der sogenannte ORF-Player. Eine Reihe von Channels und Plattformen soll Video- und Audioangebote des ORF bündeln und in Foren das Publikum mit den Programmmachern zusammenbringen. In Channels etwa für Information, Sport und Kinder sollen weit mehr Angebote als im klassischen Fernsehen verfügbar sein. Um Sendungen allein oder zuerst mit Gebühren für Onlinenutzung zu produzieren, braucht der ORF eine Gesetzesänderung, auch um seine Programme breitflächig länger als sieben Tage abrufbar zu machen.

Die TVthek des ORF, die gerade ihre ersten zehn Jahre im Netz feiert, wird in diesen großen ORF-Player eingebunden. Flimmit dürfte ebenfalls ein Teil des Players werden.

Der zweite Anlauf des ORF zu GIS für Flimmit

Der am Donnerstag entschiedene Gebührenantrag für Flimmit war der zweite Anlauf des ORF, sein zugekauftes Streamingportal als öffentlich-rechtliches Angebot mit GIS-Gebühren zu finanzieren. Den ersten Antrag hatte die Medienbehörde im Mai 2018 abgewiesen – ihr waren damals die Angaben des ORF über die nötigen Gebührenmittel zu vage.

Der ORF hat die Streamingplattform 2014 von ihren Gründern übernommen und versuchte, das Angebot zunächst kommerziell zu führen, deklariert als eine öffentlich-rechtliche Abwehrmaßnahme gegen Netflix und Co. 7,50 Euro im Monat kostete das Abrufangebot zunächst, über das "Vorstadtweiber" oder "Altes Geld" vor der ORF-Premiere zu sehen waren.

Der kommerzielle Erfolg freilich wollte sich nicht recht einstellen, die Businesspläne verfehlte das Portal. Der ORF kommunizierte für Flimmit 2016, rund ein Jahr nach dem Neustart, etwa 36.000 Nutzer und 5.500 verfügbare Titel.

2016 soll Flimmit rund 800.000 Euro Minus gemacht haben, 2017 wurden rund eine Million Euro Verlust erwartet. Das vertrug sich Ende 2016 nur schlecht mit dem damaligen ORF-Antrag auf Gebührenerhöhung – ORF-Chef Alexander Wrabetz verkündete, Flimmit werde "stark redimensioniert". Und der ORF beantragte, das Portal künftig mit GIS-Gebühren und nur noch teilweise extra kostenpflichtig zu führen.

Das neue Konzept für Flimmit

Mit Gebühren sollen "Vorstadtweiber" und "Toni Erdmann", "Altes Geld" oder "Der Leihopa" günstiger kommen als bisher. Laut zweitem ORF-Konzept soll der Zugang dank GIS-Einsatz für ein Jahr 29,90 Euro statt zuvor 75 Euro für zwölf Monate kosten.

Am Ende des ersten Jahres mit Gebühren (der Antrag von Anfang 2019 nennt da das Jahr 2019) kalkuliert der neue Antrag mit 6.700 Kunden im Jahresschnitt, 2022 sollen es rund 12.000 sein, binnen zehn Jahren (2028) dann rund 53.000 im Jahresschnitt. Ein gebührenfinanziertes (und damit als öffentlich-rechtlich anerkanntes) Angebot kann der ORF auch in seinen Programmen mit "Hinweisen" promoten.

Kinderkanal und "preisgekrönte" Filme

Das neue Streamingkonzept verspricht etwa aktuelle österreichische und europäische Kinofilme, TV-Großproduktionen ("Maximilian", "Landkrimis"), Dokus, Serien, "Archivschätze" (etwa "MA 2412", "Ein echter Wiener"), einen Kinderkanal, auch Filme und Serien aus Deutschland und "preisgekrönte" internationale Filme; die Kategorie "preisgekrönt" oder "ausgezeichnet" wird schon beim gesetzlich vorgeschriebenen Anspruch im klassischen ORF-Fernsehen gern und breit genutzt.

Neuer Antrag, halbe Kosten

Im ersten Anlauf sollte Flimmit neu 2022 fast zwei Millionen Euro kosten und rund 1,5 Millionen einspielen. Im neuen Konzept kostet die Streamingplattform 2022 mit knapp 800.000 Euro weniger als halb so viel, sie nimmt mit 882.000 Euro aber auch deutlich weniger ein. 584.000 Euro sollen nun 2022 aus Gebühren kommen, 2023 dann 595.000 Euro.

Die Plattform soll laut Antrag im ersten Jahr (genannt: 2019) knapp 10.000 Euro Ergebnis bringen, im fünften Jahr immerhin knapp 112.000. 2015 bis 2017 schrieb Flimmit laut Antrag insgesamt zwei Millionen Euro Verlust, auch 2018 lag die Plattform einige 100.000 unter null; ohne Gebühren waren für 2019 rund 200.000 Euro Minus kalkuliert.

Risiken und Unklarheiten im ersten Anlauf

Beim ersten Anlauf konnte die Medienbehörde KommAustria 2018 aus dem Antrag nicht erkennen, wie viel Programmentgelt (der GIS-Anteil für den ORF) für Flimmit neu notwendig wäre. Genau das müsste aber erkennbar sein, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Konzepts zu beurteilen und den GIS-Einsatz zu genehmigen. Sie erklärte ihre Ablehnung damals mit: "Aufgrund der unklaren Angaben, der Abhängigkeit von äußeren Faktoren und des hohen Anteils an variablen Kosten ist ein hohes wirtschaftliches Risiko des geplanten Projekts gegeben." (fid, 14.11.2019)