Das Ibiza-Video spielt auch in der Casinos-Affäre eine große Rolle.

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Heinz-Christian Strache sitzt in der Airbnb-Finca auf Ibiza und plaudert mit der vermeintlichen Oligarchennichte über Großspender, Zeitungsübernahmen, Kickbacks – und Glücksspiel. Auf die Frage der angeblichen Russin, ob man bei Kasinolizenzen etwa machen könne, meint der damalige FPÖ-Chef: "Das ist verdammt schwer."

Nach einer kurzen Nachdenkpause legt er nach: "Aber das geht." – "Impossible?", fragt die Laienschauspielerin dann noch. "Not impossible", meint ihr Begleiter bei Sushi und Champagner. Strache holt dann weiter aus. In Österreich habe die Casinos Austria AG (Casag) das Glücksspielmonopol, das die FPÖ aufbrechen wolle. Da sei "natürlich eine Möglichkeit da".

Ibiza als Drehbuch

Die Szene ist dem Buch "Die Ibiza-Affäre" von Frederik Obermaier und Bastian Obermayer entnommen. Die beiden Aufdecker der "Süddeutschen Zeitung" schildern darin Dialoge zwischen Strache, dem früheren FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus und der falschen Nichte. Drei Monate nach Erscheinen des Buches findet sich diese Passage in einer Anordnung zu Hausdurchsuchungen, die am Dienstag bei hohen Politikern und Managern stattfanden.

Peter Sidlo steht im Zentrum der Affäre.
Foto: Casag

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass sich ihr Anfangsverdacht vom Sommer durch Ibiza und inzwischen gesetzte Ermittlungsschritte immer deutlicher bestätigt. Schon im Mai hatte Strache ja mit dem später zurückgenommenen Sager "Novomatic zahlt alle" für Schlagzeilen gesorgt. Doch dann kam eine anonyme Anzeige ins Spiel, die nicht nur massive, sondern auch sehr konkrete Verdachtsmomente zum Inhalt hatte. Worum es kurz gesagt geht: einen "Novomatic-FPÖ-Deal". Der STANDARD betont, dass alle Beschuldigten die Vorwürfe bestreiten und die Unschuldsvermutung gilt.

Novomatic will mehr

Vereinfacht und sehr salopp dargestellt ist der Fall so gestrickt: Die Novomatic bemüht sich seit Jahren – eigentlichen Jahrzehnten – um einen Einstieg ins Kasinogeschäft, online wie stationär. Durch das Verbot des kleinen Glücksspiels in Wien soll das Verlangen noch gestiegen sein. Mit der Regierungsbeteiligung der Blauen witterte man am Stammsitz in Gumpoldskirchen die große Chance. Der Preis des größten europäischen Glücksspielkonzerns für die heißbegehrten Lizenzen, den die Freiheitlichen laut Staatsanwaltschaft forderten: Der blaue Bezirksrat Peter Sidlo wird Finanzvorstand der Casinos Austria.

Um die Casag-Posten gab es einen echten Poker mit hohem Einsatz.
Foto: APA/Barbara Gindl

Da passt es gut, dass bei der Casinos Austria in den letzten Jahren auf Eigentümerebene einiges los war. Private Eigentümer, Bankhäuser und auch Raiffeisen zogen sich als Aktionäre zurück. Neben der Republik als Dritteleigentümer kamen die tschechische Gruppe Sazka und eben Novomatic ins Spiel. Sie sollten sich dann auf eine Vorstandsbestellung einigen.

Phänomen Sidlo

Auf Regierungsebene war das nicht allzu schwer: Fix war von Anfang an, dass die ÖVP mit Bettina Glatz-Kremsner die Chefin der Casinos stellt. Die Tschechen hatten auch ihren Kandidaten. Die Novomatic nominierte wiederum Sidlo. Doch dann begannen die Probleme: Sazka bezweifelte offenbar die Fähigkeiten des früheren Wiener Bezirksrats, der bisher nur eine kleine Finanzgesellschaft mit sieben Mitarbeitern geleitet hatte. Die Casag hat 4.000 Beschäftigte.

Dann kam es laut Aktenlage zu einem heftigen Hin und Her zwischen dem Finanzministerium, den Aktionären und den Aufsichtsräten der Casinos Austria. Laut Anordnung zur Hausdurchsuchung intervenierte Finanzminister Hartwig Löger bei Walter Rothensteiner. Der Casag-Aufsichtsratspräsident legte dazu einen Aktenvermerk an: Löger "hat irgendeinen Hintergrunddeal mit den Blauen. Daher ist Sidlo ein Muss."

So kam es dann doch zur Bestellung von Sidlo, der seit Mai im Amt ist. Nach den ersten Razzien im August ist er beurlaubt, ebenso als Generalrat der Nationalbank, wo er schon im Vorjahr von der FPÖ installiert wurde. Glatz-Kremsner rechnet übrigens mit einer baldigen Rückkehr Sidlos.

ÖVP unter Druck

Für die ÖVP ist die Sache ziemlich unangenehm. Die zwei beschuldigten Ex-Finanzminister Josef Pröll und Hartwig Löger weisen jede Verantwortung von sich. An den Ermittlungen sei "nichts dran", sagt Pröll, Löger spricht von einem Missverständnis. Doch die Volkspartei dürfte tiefer mit der Sache vertraut gewesen sein als angenommen: Schon in der anonymen Anzeige hieß es, dass neben Löger auch Parteichef Sebastian Kurz über die Bestellung Sidlos informiert gewesen sei. Der frühere Kanzleramtsminister Gernot Blümel schloss das zuletzt aus. Nun wird spekuliert, dass Blümel nächster Finanzminister werden könnte, da Löger nicht mehr zur Verfügung steht.

Heinz-Christian Strache im Video
DER STANDARD/APA

Strache will sämtliche Vorwürfe entkräften

Strache will sämtliche Vorwürfe gegen seine Person – auch in der Causa Casinos Austria – entkräften, sagte er am Donnerstag am Rande eines Gerichtstermins. Belastende Chat-Verläufe mit Novomatic-Chef Harald Neumann kenne er nicht. "Grundsätzlich werden alle Vorwürfe von mir aufgeklärt und entkräftet werden", sagte Strache, der die Causa inhaltlich nicht kommentieren wollte. "Ich kenne keine Chat-Verläufe", meinte er außerdem zu dem von der Staatsanwaltschaft angeblich belastenden Material. Er habe aber immer wieder Chat-Kontakt "zu verschiedenen Leuten", so Strache. (Andreas Schnauder, red, 14.11.2019)