Soldaten kümmerten sich um den Wildwuchs auf dem Jüdischen Friedhof Währing.

Foto: BUNDESHEER /HBF/DANIEL TRIPPOLT

Verteidigungsminister Thomas Starlinger und IKG-Präsident Oskar Deutsch bei einer Begehung des Areals am Donnerstag.

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Wien – Auf der Straße vor dem Eingang liegt noch ein großer Haufen Zweige und Äste, doch hinter den Friedhofsmauern ergibt sich ein ganz anderes Bild als noch vor wenigen Tagen: 32 Pioniere und Garde-Soldaten des Bundesheeres rückten aus, um den sanierungsbedürftigen Jüdischen Friedhof in Währing von Gestrüpp zu befreien.

Viele Jahre lang versuchten Freiwillige, Schadensbegrenzung zu betreiben und das Gelände vom ärgsten Wildwuchs zu befreien. Denn die von 1784 bis 1879 von der jüdischen Gemeinde benutzte Ruhestätte stand kurz vor dem Verfall. Besonders stark in Mitleidenschaft gezogen wurde der Friedhof während der NS-Zeit. Tausende Gräber wurden zerstört.

Zehn Lkw-Ladungen Gestrüpp

Seit Jahrzehnten konnte der Friedhof nicht mehr geordnet gepflegt werden, was dazu führte, dass er seit 1999 nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich ist. In nächster Zeit soll der Hauptweg befestigt und für leichtes Gerät befahrbar gemacht werden. Einzelne Baumstämme, die zwischen den Grabsteinen liegen, müssen noch fachgerecht entfernt werden. In naher Zukunft sollen zumindest Teile des Friedhofs dann im besten Fall auch wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

Das Bundesheer absolvierte den Einsatz auf Bitten des Vereins "Rettet den Jüdischen Friedhof Währing" und der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG). Es handle sich um eine Unterstützungsleistung, wie Verteidigungsminister Thomas Starlinger bei einer Begehung vor Ort erklärte. Die Kosten wurden mit etwa 20.000 Euro beziffert. Zehn Lkw-Ladungen an Gestrüpp wurden bisher entfernt, bis Freitag wird noch weiter gerodet und geschnitten.

Gilt als Biedermeier-Juwel

Der zwei Hektar große jüdische Friedhof – einer von 64 in ganz Österreich – gilt als Biedermeier-Juwel und historisch sehr wertvoll. "Wir sind jedem einzelnen Soldaten dankbar, der hier Arbeit verrichtet", sagt Oskar Deutsch, Präsident der IKG. Durch den Einsatz des Bundesheeres wurde nun ein wichtiger Grundstein für die weitere Pflege und Restaurierung des denkmalgeschützten Geländes gelegt.

Für weitere Maßnahmen werden jedoch noch finanzielle Mittel benötigt. Ex-Kanzler Sebastian Kurz betonte bei einem Besuch vor einigen Monaten, sich für den Erhalt des Friedhofes einsetzen zu wollen. Er gehe davon aus, dass er sich in ein paar Monaten, wenn er wieder Kanzler sein sollte, "sicherlich daran erinnern" werde, sagt Deutsch.

200.000 Juden lebten bis 1938 in Österreich. Laut der Volkszählung 2001 sind es heute nurmehr 7.000, andere Schätzungen gehen von etwa der doppelten Anzahl aus. Dementsprechend gibt es wenige Nachfahren, die sich selbst um die Gräber ihrer Verwandten kümmern könnten. (Vanessa Gaigg, 14.11.2019)