Österreich ist in der Forschung im Bereich Informatik nur Mittelmaß. Das ist das vorläufige Ergebnis einer bibliometrischen Analyse, die am Donnerstag bei einer Tagung des Wissenschaftsrats in Wien präsentiert wurde. Die Forschungsleistung liegt demnach zwar leicht über dem Welt-Durchschnitt, aber zum Teil deutlich unter jener von Benchmark-Ländern wie der Schweiz, den Niederlanden oder Israel.

Für die Erhebung verglich Ed Noyons vom Centre for Science and Technology Studies der Universität Leiden (Niederlande) Faktoren wie die Publikationsleistung oder Zitierungen in diversen Fachzeitschriften. In absoluten Zahlen die meisten Publikationen verzeichnet hierzulande die Technische Universität (TU) Wien, gefolgt von der TU Graz, der Uni Wien, der Uni Linz und der Uni Innsbruck. Die Forscher an letzterer schaffen es dafür im nationalen Vergleich am häufigsten in Top-10-Publikationen bzw. in die am häufigsten zitierten Zeitschriften. Generell schlecht schneidet Österreich in diesem Zusammenhang bei Kooperationen mit der Industrie ab.

"Ernüchternd"

Für den stellvertretenden Chef der Hochschul-Sektion im Bildungsministerium, Heribert Wulz, ist die Studie "ein Stück weit ernüchternd": "Es ist zwar keine Katastrophe, dass sich Österreich im internationalen Schnitt verortet. Aber wenn man Länder heranzieht, mit denen wir uns sonst gerne vergleichen wie etwa die Niederlande, dann sehen wir, dass die sich doch besser darstellen können." Das liege etwa daran, dass diese Länder enorm investieren würden.

"Wir haben definitiv den Befund, dass im MINT-Bereich generell bzw. in der Informatik eine Stärkung unbedingt nötig ist", so Wulz. Das betreffe nicht nur den Forschungsbereich, sondern auch die Lehre. "Wir haben eine sehr große Nachfrage nach Absolventen, die nicht vollständig gedeckt werden kann." Daher habe man zuletzt 30 neue Professuren für die Unis im Bereich Informatik in den Leistungsvereinbarungen verankert, die Zahl der Anfänger-Studienplätze von 2.500 auf 2.800 erhöht sowie auch an den Fachhochschulen neue Informatik-Studienplätze finanziert.

Höherer Lehraufwand

Informatik-Professorin und Wissenschaftsrats-Mitglied Monika Henzinger (Universität Wien) teilte den Befund der Studie: Im Vergleich der deutschsprachigen Länder verfüge die Schweiz mit den ETHs in Zürich und Lausanne zwei Top-Unis. "Deutschland und Österreich haben das nicht und sind nicht gut klassiert." Die geringe Zusammenarbeit mit der Industrie bei Forschungs-Publikationen liege auch daran, dass Österreich schlicht über keine großen Industrieunternehmen verfüge. Umgekehrt habe Google seinen größten Standort außerhalb der USA in Zürich. "Das liegt aber auch daran, dass sie zuvor geschaut haben, wo es gute Universitäten gibt und dann dorthin gegangen sind."

Bei der Tagung anwesende Informatik-Professoren versuchten die Studien-Ergebnisse in eine andere Perspektive zu setzen: So sei aufgrund der hohen Studentenzahlen der Lehraufwand in Österreich wesentlich höher als in anderen Staaten, was natürlich auf die Forschung durchschlage. Dazu kämen geringere Budgets sowie nicht ausreichende Mittel des Wissenschaftsfonds FWF. Umgekehrt könne man sich vor angebotenen Industriegeldern zum Teil nicht retten. Diese hätten aber natürlich einen anderen Fokus als die auf Publikationen abzielenden FWF-Gelder, so Henzinger "Bei den industriellen Mitteln geht es darum, Prototypen zum Laufen zu bringen." (APA, 14.11.2019)