Die Autobranche steht derzeit unter keinem guten Stern. Die kritische Umbauphase in Richtung Elektromobilität fällt mit einem schwächelnden Markt zusammen.

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Ola Källenius hält sich mit Klein-Klein gar nicht auf. 1,4 Milliarden Euro will der neue Daimler-Chef bis Ende 2022 einsparen, vor allem in der Autosparte Mercedes-Benz – und das nur beim Personal. Den Rotstift will Källenius sowohl im Management als auch in der Verwaltung ansetzen. Auch die Belegschaft der Dachgesellschaft Daimler AG soll schrumpfen. In der neu geschaffenen Holding arbeiteten rund 6.000 Menschen. „Sollen wir an den 6.000 festhalten? Nach meiner Ansicht nicht“, sagte er am Investorentag in London.

Wie der Hase künftig läuft, ist klar: mit Milliardeneinsparungen durch die kritische Umbauphase zur Elektromobilität steuern. Deswegen wird nicht nur im Personalbereich gespart. Die rekordhohen Investitionen will Källenius langfristig zurückfahren und insgesamt billiger und schneller produzieren. Das alles kommt nicht von ungefähr: Der neue Daimler-Chef startete im Mai mit schwerem Rucksack. Milliardenrisiken im Dieselskandal, Probleme mit Airbags, Lieferschwierigkeiten und der schwächelnde Markt machen dem Konzern schwer zu schaffen. Darüber kann auch der Gewinnanstieg vor drei Wochen nicht hinwegtäuschen. Im Quartal davor gab es einen Milliardenverlust. Der Ausblick: eher düster.

Gürtel enger schnallen

Jetzt muss der Schwede den Gürtel enger schnallen – verschrecken will er seine Mitarbeiter nicht: Sozial verträglich und schrittweise soll der Stellenabbau geschehen. Der Konzern wird laut Källenius dennoch seine Hausaufgaben erledigen: „Die Kostenbelastungen zur Erreichung der CO2-Ziele erfordern umfassende Maßnahmen zur Effizienzsteigerung in allen Bereichen unseres Unternehmens. Dazu gehört auch die Verschlankung unserer Prozesse und Strukturen.“

An der Börse gab es lange Gesichter: Die Aktien fielen auf ein Drei-Wochen-Tief. Ein Grund: Der Wandel Richtung E-Mobilität wird den Gewinn in den kommenden beiden Jahren belasten. Mercedes-Benz Cars dürfte auf dem niedrigen Renditeniveau von vier Prozent bleiben. „Es wird erst schlechter, bevor es besser werden kann“, kommentierten die Analysten von Jefferies.

Uneins mit Betriebsrat

Manche hätten erwartet, dass Källenius stärker auf die Kostenbremse tritt. Doch er kämpft mit demselben Dilemma wie etwa VW. Man ist uneins mit dem Betriebsrat, wie Zukunft geht. Källenius will mehr Arbeit an Zulieferer vergeben, der Betriebsrat fordert das Gegenteil. Das letzte Wort ist damit noch lange nicht gesprochen.

Das gilt wohl für alle deutschen Autobauer. Auch die VW-Tochter Audi soll wirtschaftlicher aufgestellt werden. Erstes Ergebnis: Die Kapazitäten des Werks in Neckarsulm werden reduziert. Die Nachtschicht wird ab April komplett gestrichen. Knapp 250 der 17.000 Mitarbeiter am Standort werden in anderen Bereichen eingesetzt. Heute, Freitag, beschäftigt sich der Aufsichtsrat dem Vernehmen nach mit der Cheffrage.

Neuer Audi-Chef?

Branchenkreise gehen davon aus, dass der ehemalige BMW-Vorstand Markus Duesmann Audi-Chef Bram Schot nachfolgen wird, der im Juni 2018 an die Unternehmensspitze gerückt ist, nachdem Vorgänger Rupert Stadler wegen Betrugsverdachts in der Dieselaffäre in Haft musste. Duesmann soll die bekannten Baustellen und Altlasten im Abgasbetrug aufräumen und die Entwicklung sauberer Dieselmotoren vorantreiben.

BMW spart, Magna zittert um Folgeaufträge.
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Auch bei der Wolfsburger Mutter ist einiges im Busch. Der VW-Aufsichtsrat kommt regelmäßig im November zusammen – auch um die Investitionen und die Auslastung der Werke zu beschließen. Heute Nachmittag werden die Details serviert. Über ein größeres Sesselrücken im Vorstand wird spekuliert. Die Finanzchefs von VW und Audi sollen laut "Süddeutscher Zeitung" die Plätze tauschen.

Sparpakete in Österreich

Während darüber noch spekuliert wird, sind die Auswirkungen der globalen Autokrise auch immer stärker in Österreich zu spüren. Der Voestalpine bescherte sie zuletzt einen kräftigen Gewinneinbruch. Während Magna diese Woche energisch ausrückte, um zu dementieren, dass in Graz 1.800 Jobs wackeln, gab der Chiphersteller Infineon fast verschämt bekannt, dass die Villacher Produktionshalle für Energiesparchips, die unter anderem auch bei E-Autos zum Einsatz kommen sollen, statt Anfang 2021 erst zu Jahresende in Betrieb gehen soll.

Markus Huemer, Chef des oberösterreichischen Autozulieferers Polytec, schreibt die Probleme auch den „wenig sachlich geführten“ Diskussionen um Antriebstechnologien zu. Das führe seit mehreren Quartalen „zu Abrufkürzungen und Verwerfungen im Marktbereich Personenkraftwagen“. Die Folge: niedrigere Auslastung und Kurzarbeitsprogramme in einzelnen Werken, 300 Mitarbeiter weniger als im Vorjahr. Andrerseits ergäben sich auch Chancen: Jüngst wurde die insolvente deutsche Wayand AG übernommen.

Von Planzielen entfernt

Dietmar Schäfer, Vertreter der heimischen Zulieferbetriebe und Geschäftsführer von iSi Automotive sagt, dass die heimischen Zulieferer nicht ohne Blessuren davonkommen werden. Die meisten Betriebe seien von den Planungszielen, die sie vor zwölf Monaten gemacht hätten, entfernt – manche davon weit. Krisenstimmung will Schäfer nicht ausrufen, es gelte, die Relationen zu sehen. Seit 2009 sei man jährlich zweistellig gewachsen. „Jetzt ist die Party vorbei.“ Wie viele Jobs wackeln könnten, darüber will Schäfer nicht spekulieren. Sicher sei: „Es wird negative Effekte geben.“ (Regina Bruckner, 14.11.2019)