Nicht mehr zum Lachen war der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper, nachdem sie erfahren hat, dass Ermittler auf ihr Handy zugreifen wollten.

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Innenminister Wolfgang Peschorn muss im Innenministerium aufräumen.

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Wien – Am Donnerstag haben Recherchen des STANDARD aufgedeckt, dass die Ermittler des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK) nicht nur auf das Handy der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper, sondern auch auf jenes der "Presse"-Journalistin Anna Thalhammer Zugriff haben wollten.

Dies sorgte für heftige Reaktionen: Die Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen Österreich sprach in Zusammenhang mit dem Vorgehen des Innenministeriums unter Herbert Kickl (FPÖ) von einer "noch nie dagewesenen Grenzüberschreitung". Auch die betroffene Abgeordnete Krisper zeigte sich im Interview in der "ZiB 2" empört und forderte eine Ausweitung der politischen Immunität.

Edtstadler will klagen

Auch entbrannte ein türkis-blauer Schlagabtausch um die Verantwortung für die umstrittenen Ermittlungsschritte des BAK. Das BAK ist Teil des Innenministeriums, die Staatsanwaltschaft, die das Begehren der Ermittler abgelehnt hatte, ressortiert hingegen zum Justizministerium. Der damalige Innenminister Kickl gab sich in seiner ersten Reaktion "entsetzt" und spielte den Ball an die ÖVP weiter. Das BAK war der ehemaligen türkisen Innenstaatssekretärin Karoline Edtstadler unterstellt.

Die ÖVP-EU-Abgeordnete will von dem Ansinnen der Ermittler nichts gewusst haben und kündigt Klagen an. "Wer noch einmal behauptet, ich hätte mit dem Antrag auf Beschlagnahme von Handys von Journalisten oder Politikern etwas zu tun, wird geklagt. Diesem permanenten Anpatzen muss ein Ende bereitet werden", sagt Edtstadler. Die Anschuldigungen von Kickl und Krisper seien "absurd" und würden eine Grenze überschreiten.

Innenminister wird aktiv

Am Donnerstag soll Innenminister Wolfgang Peschorn angekündigt haben, Konsequenzen aus dem Fall zu ziehen. Das schrieb Krisper auf Twitter. Auch "Oe24" berichtet davon, dass Peschorn den BAK-Chef und den zuständigen Sektionschef ins Ministerium zitierte und Aufklärung forderte. Die Botschaft des Ministers dürfte eindeutig gewesen sein, so "Oe24".

Auslöser der umstrittenen Pläne der Korruptionsbekämpfer, die Handys von Abgeordneten und Journalisten zu beschlagnahmen, war ein Bericht in der "Presse" über etwaige Reformschritte im Verfassungsschutz. Krisper war in jener Zeit Abgeordnete im BVT-Untersuchungsausschuss, dort wurden regelmäßig geheime Dokumente behandelt. Im BVT vermutete man einen Maulwurf, das BAK wurde mit Ermittlungen beauftragt, konnte jedoch keine Fortschritte verzeichnen.

Möhring: Mit Pressefreiheit "unvereinbar"

Dass die Ermittler als Folge das Handy einer Journalistin beschlagnahmen wollte, hält die Präsidentin von Reporter ohne Grenzen, Rubina Möhring, für nicht gerechtfertigt. Sie sieht eine Verletzung der Pressefreiheit: "Dieser dreiste Versuch, eine Journalistin an ihrer Arbeit zu hindern, ist schockierend und unvereinbar mit dem demokratischen Grundwert der Pressefreiheit", kritisierte Möhring in einer Aussendung. Es sei "sowohl eines Innenministers als auch des Leiters des Verfassungsschutzes einer demokratischen Republik unwürdig, mit verfassungswidrigen Tricks kritische Berichterstattung verhindern zu wollen", so Möhring.

In den sozialen Medien zeigten sich viele Kollegen von Krisper und Thalhammer solidarisch. "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak sprach von einem "unerträglichen und völlig inakzeptablen Angriff auf die Pressefreiheit".

Krisper: "Anschlag auf Demokratie"

Im Interview in der "ZiB 2" am Donnerstagabend zeigte sich Krisper besorgt. Sie fühlt sich als Abgeordnete ungeschützt, wenn sie als Abgeordnete einen Blog betreiben müsse, um sich auf das Redaktionsgeheimnis berufen zu können und so von Ermittlungsmaßnahmen verschont zu bleiben. "So kann man nicht Aufklärung betreiben", so Krisper.

Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper in der "ZiB 2".
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Krisper forderte deshalb eine Ausweitung der parlamentarischen Immunität und zusätzlich personelle Konsequenzen. Jene Köpfe, die diese "rechtsstaatsgefährdende Idee" hatten, sollen rollen, fordert Krisper im Interview. Sie spricht von einem "Anschlag auf die Demokratie". Woher genau diese Ermittlungsanordnung kam, kann Krisper nicht beantworten, denn im BVT-Untersuchungsausschuss seien sowohl die "ÖVP-Netzwerke" als auch die Machenschaften von Ex-FPÖ-Innenminister Herbert Kickl Thema gewesen. (red, 15.11.2019)