Bild nicht mehr verfügbar.

Im Senat löste die Morales-Anhängerin

Foto: REUTERS / LUISA GONZALEZ

La Paz – Boliviens Übergangspräsidentin Jeanine Áñez hat im Falle einer Rückkehr des ins mexikanische Exil geflohenen Ex-Präsidenten Evo Morales juristische Konsequenzen für den langjährigen Staatschef angekündigt.

Er müsse sich in Bolivien wegen der Unregelmäßigkeiten bei den Präsidentschaftswahlen am 20. Oktober sowie wegen "zahlreicher Korruptionsvorwürfe" vor Gericht verantworten, sagte Áñez am Freitag in La Paz. Morales hatte am Mittwoch angekündigt, nach Bolivien zurückkehren zu wollen, um sein Land zu "befrieden".

Abgeordnetenkammer neu gewählt

Anhänger von Morales sind unterdessen am Donnerstag zu neuen Vorsitzenden der beiden Abgeordnetenkammer gewählt worden. Der Fraktionschef von Morales' "Bewegung zum Sozialismus" (MAS), Sergio Choque, setzte sich am Donnerstag mit der MAS-Mehrheit im Parlament durch. Er bezeichnete die Entfernung von Morales aus dem Amt als einen Staatsstreich. Zugleich erklärte er sich aber bereit zur Zusammenarbeit, um die Neuwahlen zu organisieren. Choques Vorgänger war am Sonntag inmitten der Proteste gegen Morales zurückgetreten.

Auch in der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, wurde in der Nacht auf Freitag eine Anhängerin von Morales zur Präsidentin gewählt. Die Senatorin Monica Eva Copa Murga gehört auch der MAS-Partei an und kündigte bei ihrer Angelobung an, den Frieden wieder herstellen zu wollen.

Vermittlung angekündigt

Angesichts der anhaltenden Proteste kündigte die Übergangspräsidentin Jeanine Áñez Verhandlungen mit der Partei von Morales an. Die Gespräche sollen dazu beitragen, "dem Land Frieden zu bringen", sagte Áñez' Kabinettschef Jerjes Justiniano am Donnerstag.

Am Dienstag war Añez als zweite Vizepräsidentin der Kammer im Senat in Abwesenheit der MAS-Mehrheit zur Interimspräsidentin ernannt worden. Das Verfassungsgericht billigte anschließend die Machtübernahme von Añez.

Morales darf nicht mehr antreten

Die Übergangspräsidentin ist eine scharfe Kritikerin von Morales. Am Donnerstag kündigte sie an, dass Morales nicht an den anstehenden Wahlen kandidieren werde können. Grund sei, dass eine vierte Amtszeit in Folge ausgeschlossen sei, erklärte Anez am Donnerstag vor Journalisten.

Bild nicht mehr verfügbar.

In Bolivien gehen tagtäglich Menschen für den nach Mexiko geflohenen Ex-Präsidenten Evo Morales auf die Straße.
Foto: REUTERS

Die konservative Vizepräsidentin des Senats hatte am Dienstag vorübergehend die Amtsgeschäfte übernommen und am Mittwoch zügige Neuwahlen angekündigt. Einen Termin nannte sie bisher nicht. Nach der Verfassung muss aber binnen 90 Tagen nach ihrer Amtsübernahme gewählt werden.

UN-Sondergesandter geschickt

Angesichts der Krise im Land hat UN-Generalsekretär António Guterres einen Sondergesandten in das südamerikanische Land geschickt. Er habe den Franzosen Jean Arnault gebeten, mit allen Beteiligten zu sprechen und die Unterstützung der Vereinten Nationen bei der Suche nach einer friedlichen Lösung der Krise anzubieten, sagte Guterres laut seinem Sprecher am Donnerstag in New York. Arnault hatte zuvor unter anderem bereits als Sondergesandter für Kolumbien, Afghanistan und Guatemala gearbeitet. Er soll sich seit Donnerstag im Land befinden.

In Bolivien war ein Machtvakuum entstanden, nachdem der unter Druck geratene Morales nach wochenlangen Protesten mit zehn Toten und fast 400 Verletzten am Sonntag zurückgetreten war. Áñez wurde am Dienstag als Interimspräsidentin vereidigt. Der Wahlsieg von Morales bei den Wahlen war von der Opposition als Betrug angeprangert und nicht anerkannt worden. Auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte wegen schwerwiegender Unregelmäßigkeiten gefordert, die Wahl für ungültig zu erklären. (APA, Reuters, red, 15.11.2019)