Der 17-jährige Schüler Benjamin Hadrigan und seine App "Lernsieg".

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Selten hat eine Smartphone-App für derartige Aufregung gesorgt. Die Lehrergewerkschaft forderte sogar ein Verbot. Am Freitag wurde nun die Lehrerbewertungs-App "Lernsieg" vorgestellt und für Android- und iOS-Handys zum Download bereitgestellt. Hinter der App steckt der 17-jährige Schüler Benjamin Hadrigan, der für die Umsetzung seiner Idee von Investoren auch einen "sechsstellige Betrag" bekommen hat.

"Traum einer transparenten Schule"

Vor Journalisten betonte Hadrigan, dass er damit seinen "Traum einer transparenten Schule" umsetzen will. Schüler sollen mit der App eine Stimme bekommen, so der 17-Jährige. Auch soll mit der App die "Arbeit der Lehrer" anerkannt werden und diese zu Feedback kommen. Die Befürchtungen der Lehrergewerkschaft teilt er nicht, die App sei nicht "zum Bashen" da. Dementsprechend gibt es keine Kommentarfunktion. Schüler können die Leistungen des Lehrkörpers, etwa Pünktlichkeit oder Fairness, mit Sternen bewerten wie Uber-Fahrgäste ihren Fahrer oder Airbnb-Gäste ihre Vermieter. Bei weniger als fünf Sternen kann in vorgegebenen Unterkategorien konkretisiert werden, welche Mängel es gibt, etwa dass der Unterricht zu langsam oder nicht spannend genug aufgebaut ist. Zusätzlich können auch Schulen bewertet werden, etwa in der Kategorie Sauberkeit. Für jede Schule gibt es ein Ranking der "besten" Lehrer.

In Wien wurde am Freitagvormittag die mit Spannung erwartete App vorgestellt, mit der Pädagogen bewertet werden können.
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Um Manipulation bei den Ergebnissen wie mehrfache Stimmabgabe zu verhindern, wird jede Anmeldung per SMS verifiziert. Ob tatsächlich nur Schüler ihre Stimme abgeben, könne man zwar nicht überprüfen. Aber: "Ich bewerte ja auch nicht Ärzte, bei denen ich nicht war", so Hadrigan.

Die besten Schulen

Neben dem jeweiligen Schulprofil gibt es auch ein Ranking der zehn besten Schulen. Diese können in Kategorien wie Lehrangebot, neue Medien, Sauberkeit, Sportstätten oder auch der Unterstützung von Fridays for Future bewertet werden. Hadrigan sieht darin eine neue Möglichkeit für Eltern, die beste Schule für ihre Kinder zu finden.

Die Idee für ein (damals nur internes) Bewertungssystem hatte Hadrigan bereits vor Jahren als Schulsprecher, scheiterte aber damals. Nun hat er das Projekt in größerem Stil aufgezogen: Für die kostenlose App wurde eine Datenbank mit rund 90.000 Lehrern und den entsprechenden Schulen angelegt.

Die App ermöglicht auch die Bewertung von Schulen.
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Laut dem bekannten Medienanwalt Michael Krüger verursacht die App weder medien- noch datenschutzrechtlich Probleme. Man kann davon ausgehen, dass sie "zulässig ist", so Krüger.

Kleines Plus

Die Investoren rund um den Kommunikationsexperten Philipp Ploner erhoffen sich, dass sie ihr Geld wieder sehen und sogar "mit einem kleinen Plus" aussteigen. Wie mit der App Geld verdient werden soll, wollte er allerdings nicht verraten. Es gebe aber entsprechende Pläne. App-Erfinder Hadrigan war zuletzt mit seinem Buch "#Lernsieg" in den Medien. Darin stellte er ein von ihm entwickeltes Lernsystem mit Social-Media-Anwendungen wie Snapchat vor, mit dem er sich vom schlechten Schüler zum Klassenbesten gewandelt haben soll.

Kritik

Schon bevor die App überhaupt veröffentlicht wurde, gab es Kritik seitens der Lehrergewerkschaft. Sie kündigte an, "alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um diese App zu verhindern", sagte der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) bereits vergangene Woche.

Die Lehrergewerkschaft bleibt auch nach der Präsentation bei ihrer Kritik an der neuen Lehrerbewertungs-App. Im Ö1-Mittagsjournal äußert Kimberger erneut Bedenken wegen Datenschutz und Persönlichkeitsrechten. Außerdem würden viele Lehrer seit Jahren über Werkzeuge des Bildungsministeriums Feedback ihrer Schüler einholen. Auch die NEOS zeigen sich skeptisch.

Podcast: Redakteurin Muzayen Al-Youssef erklärt, warum die Lehrer-Bewertungs-App "Lernsieg" so umstritten ist.

"Eine populistische App lehne ich ab."

Kimberger hätte sich gewünscht, dass die Lehrervertreter bereits bei der Erstellung der App einbezogen und nicht erst im Nachhinein zur Mitarbeit eingeladen worden wären. Lehrer würden sich bewerten lassen, aber in einem wertschätzenden und respektvollen Rahmen. "Eine populistische App lehne ich ab." Die Macher der App würden daran verdienen wollen. "Das ist legitim, aber sicher nicht auf Kosten der Lehrerinnen und der Lehrer." Im Moment prüfe die Rechtsabteilung der Gewerkschaft, ob mit der App alle gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Die NEOS sehen die App "Lernsieg" "sehr kritisch", orten in einer Aussendung aber ein starkes Bedürfnis nach Feedback an Schulen.

Kritisch wird die App auch von Andreas Krisch, Mitglied des Datenschutzrats, gesehen. Der Datenschützer sieht zwar die Möglichkeit, "Feedback geben zu können", grundsätzlich positiv. Es stellt sich aber die Frage, "ob es für diesen Zweck unbedingt erforderlich ist, dies in Form von öffentlichen personenbezogenen Bewertungen einzelner Lehrer zu tun". Er meint, Kritik an einzelnen Personen sollte besser an den jeweiligen Vorgesetzten gehen, der auch für die Abstellung von Misständen zuständig ist. (sum, 15.11.2019)