Die Rajapaksa-Brüder waren ihrer Zeit voraus, meint Jeffrey Feltman: Ihre populistische Politik des starken Mannes mit Slogans wie "Wir gegen die anderen" und "Wir nehmen keine Gefangenen" ist "heutzutage scheinbar global im Aufstieg", schreibt der Sri-Lanka-Experte in einem Bericht für die renommierte Brookings Institution.

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Gotabhaya Rajapaksa steht für Härte und China-Freundschaft.
Foto: AP Photo/Eranga Jayawardena

Die Rajapaksa-Brüder: Das sind Mahinda und Gotabhaya. Und sie sind bekannt dafür, im Duo – als Präsident und Verteidigungsminister – 2009 den jahrzehntelangen, äußerst blutigen Bürgerkrieg auf Sri Lanka beendet zu haben. Doch das Wie hängt seit zehn Jahren wie ein Schatten über der Insel an der Südspitze Indiens.

Damals, als Gotabhaya Rajapaksa die letzte Offensive gegen die Tamilen-Rebellen leitete, gab er den Befehl, keine Gefangenen zu nehmen. Sich ergebende Kämpfer sollen erschossen, Zivilisten ermordet worden sein; etliche Menschen gelten immer noch als vermisst. 2015 musste Mahinda nach Wahlen überraschend den Hut nehmen, und so verlor auch Gotabhaya sein Amt. Doch nun will er selbst zum Präsidenten gewählt werden.

Es ist kein Jahr her, dass ein Streit zwischen Premier und Präsident das Land in eine Ver fassungskrise stürzte. Und keine sieben Monate sind seit den verheerenden Terroranschlägen zu Ostern vergangen. Der Wunsch nach stabilen Verhältnissen ist also groß. 35 Kandidaten stehen am Samstag im mehrheitlich buddhistischen Sri Lanka zur Wahl – so viele wie noch nie.

De facto ein Duell

Echte Chancen können sich aber eigentlich nur zwei ausrechnen: Sajith Premadasa von der regierenden UNP – und auf der anderen Seite Gotabhaya Rajapaksa von der oppositionellen SLPP.

Noch-Präsident Maithripala Sirisena war in den vergangenen vier Jahren einen zumeist moderaten Kurs gefahren und hatte den Friedensprozess auf der Insel vor angetrieben. Er setzte etwa ein "Office on Missing Persons" (OMP) ein und ordnete an, dass die Landeshymne auf Singhalesisch und Tamilisch zu singen sei. Dass Gotabhaya Rajapaksa vor einem Comeback steht, ist wohl ein Hindernis für die Versöhnung zwischen Tamilen und Singhalesen. Doch der Ruf nach dem "starken Mann" in dem von Korruption durchsetzten Land wurde nach den Terroranschlägen vom Ostersonntag 2019 lauter denn je.

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Sajith Premadasa will ebenfalls an die Macht.
Foto: AP Photo/ Dar Yasin

So lässt auch Rajapaksas stärkster Herausforderer Premadasa wenig Hoffnung auf eine echte Fortsetzung des Friedensprozesses: Im Wahlkampf hat er zugesichert, dass – sollte er Präsident werden – niemand anderer als Sarath Fonseka für das Sicherheitsressort zuständig wäre. Auch Fonseka ist einer der Generäle von damals, der in enger Zusammenarbeit mit Rajapaksa für Kriegsverbrechen verantwortlich sein soll. Genauso wie Shavindra Silva: Den ernannte Sirisena im August zum Oberbefehlshaber – unter Protest von EU, USA und Uno. Prema dasa hat versprochen, dass Silva auch unter ihm auf seinem Posten bleibe.

Egal wie die Wahl ausgeht: In Sri Lanka kehren jene Leute in die obersten Führungsposten zurück, denen von Menschenrechtsorganisationen die Kriegsverbrechen von damals vorgeworfen werden.

Nur wenige Unterschiede

Das Problem, analysiert Uno -Diplomat Feltman, ist, dass sie von einem Teil der Bevölkerung als Helden gesehen werden, weil sie endlich den Bürgerkrieg beendet haben. Für die anderen sind sie bloß Kriegsverbrecher. "Dieses Dilemma wird Sri Lanka wohl noch jahrelang verfolgen – egal wer die Wahlen gewinnt."

Immerhin in einem Punkt unterscheiden sich die zwei Anwärter: Unter Rajapaksa würde sich Sri Lanka wohl wieder China, und nicht Indien, zuwenden – wie schon zur Amtszeit seines Bruder Mahindra. Das Land steckt seitdem tief in der chinesischen Schuldenfalle. Und dieses Szenario stellt wiederum die USA und Europa vor ein Dilemma: "Der China-Faktor", so schreibt Feltman, "könnte Reaktionen auf die Rajapaksas aus dem Westen und aus Indien mäßigen – aus Angst davor, dass zu viel Druck Sri Lanka bloß immer mehr in Chinas Einflusssphäre treiben könnte." (Anna Sawerthal, 15.11.2019)