Bürgermeister Georg Willi möchte Verbote lockern.

Foto: Robert Newald

Innsbruck ist Österreichs Verbotshauptstadt. Im öffentlichen Raum im Zentrum der mittlerweile grün regierten Alpenmetropole wird unerwünschtes Verhalten streng sanktioniert. Alkohol trinken, obdachlos sein, betteln – alles verboten. Bürgermeister Georg Willi möchte das ändern.

Allerdings fehlt ihm dazu das politische Pouvoir, denn zwei seiner Koalitionspartner, die ideologischen Zwillinge Für Innsbruck und ÖVP, halten die Verbote für wirksam und notwendig. Sie vertreten die Interessen der Innenstadtkaufleute, des Tourismus und genervter Anrainer. Die fühlen sich von Obdachlosen gestört. Und wenn das nicht reicht, bemüht man das Sicherheitsargument, um die Vertreibung unliebsamer Personengruppen zu legitimieren. Armut macht schließlich auch Angst.

Verbotsfetisch

Willi versucht nun, seine unwilligen Partner zu überzeugen, von ihrem Verbotsfetisch abzurücken, indem er ihre Vertreibungspolitik fortführt. Doch ein Konsumraum für Alkoholkranke füllt zusammen mit der Aufstockung der Notschlafplätze nur eine Lücke, um ungewollte Personengruppen rund um die Uhr abseits der Öffentlichkeit halten zu können. Die dem Elend zugrunde liegenden Probleme bleiben – und dadurch der reaktionäre Ruf nach Verboten.

Kritiker warnen, dass derart die Verhältnisse nur zementiert werden. „Poor services for poor people“ nennen es die Experten. Mit einer radikal anderen Sozialpolitik hat das nichts zu tun. Doch genau die bräuchte es. (Steffen Arora, 15.11.2019)