Bio kommt besonders bei den heimischen Konsumenten gut an. Die Industrialisierung der Produktion macht nicht allen Freude.
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Naturkind war bekannt wie der bunte Hund, noch ehe es sehr viel mehr war als eine Idee. Der neue Biofachmarkt sorgte heuer für viel Aufsehen. Zumindest in der deutschen Handelsbranche. Die größte deutsche Supermarktkette Edeka will sich mit den Biomärkten mehr vom begehrten Kuchen holen. Bekanntlich greifen Konsumenten für Bio um einiges tiefer ins Börserl – für manche Produkte zahlen sie über 50 Prozent mehr als für das konventionelle Pendant.

Kampf um Kundschaft

Der Kampf um die umweltbewusste Kundschaft hat bei den Nachbarn eine neue Stufe erreicht. Nachdem es gerade einmal seit ein paar Jahren möglich ist, Bioprodukte auch im Diskont in den Einkaufswagen zu legen. Hierzulande ist das den Konsumenten seit einer gefühlten Ewigkeit vertraut. Auf Bio ist der Handel schon vor einem Vierteljahrhundert gekommen. Exakt 25 Jahre ist es her, dass die Supermarktketten Billa und Merkur mit der Marke Ja! Natürlich auf das Thema aufgesprungen sind. Spar und Co zogen wenig später nach. Diskonter Hofer ließ sich noch etwas Zeit. Handelsriese Rewe fuhr angesichts des runden Geburtstages einen Tag lang auf, was es zu loben gibt: artgerechte Tierhaltung, Palmölfreiheit, rot-weiß-rote Herkunft, und anderes mehr. Der Rewe-Konzern macht mit seiner einst von Werner Lampert gegründeten Biomarke mittlerweile fast eine halbe Milliarde Euro Umsatz.

Tatsächlich hat es Österreich in Sachen Bio weitgebracht. Zwar ist das Land nicht der Weltmeister, als der es sich gerne ausgibt, doch EU-weit hat Österreich mit 24.000 Biobetrieben und einem Viertel der landwirtschaftlichen Anbaufläche den höchsten Bioanteil. In Deutschland sind es weniger als zehn. Das alles auch dank vorausschauender Landwirtschaftspolitik und eifrigen Marketings, das auf fruchtbaren Boden fiel. Die heimischen Konsumenten greifen viel fleißiger zu als die deutschen, der Markt wächst immer noch – 2018 auf beachtliche 1,93 Milliarden Euro. Zu 80 Prozent wird der Umsatz in den Supermärkten erwirtschaftet. Die Handelsketten gehen mit ihren Vorgaben für ihre hauseigenen Biomarken zuweilen über die Vorgaben der EU-Biorichtlinie hinaus und versuchen, einander mit Tierwohl- und anderen Versprechen zu übertrumpfen. Weniger als ein Fünftel wird via Direktvertrieb oder im Fachhandel erwirtschaftet. Kleine Fachhändler haben es angesichts der Übermacht der Supermärkte und ihres frühen Einstiegs in die Bioschiene nicht gerade leicht.

Anteil könnte steigen

Dennoch ist Bio eine Erfolgsgeschichte, an der auch der Handel einen maßgeblichen Anteil hat. Sagt nicht nur der Handel selbst, sondern auch der größte heimische Bioverband Bio Austria. „Immerhin gab es schon in den frühen 1990er-Jahren Bioprodukte im Handel, das verdient Anerkennung“, so Bio-Austria-Mann Markus Leithner. Der Anteil an Bioprodukten und Rohstoffen aus Österreich könnte aber noch steigen, findet er.

Was die Produzenten betrifft, so gibt es unterschiedliche Ansichten. Ja!-Natürlich-Bauer Markus Brandenstein aus Marchegg sieht den Handel als wichtigen Vermittler. Biobauer Georg Doppler aus Oberösterreich hat sich von den Ketten verabschiedet. „Jetzt sind wir wirklich bio“, sagt er. Mit so manchen Entwicklungen, etwa dem Herankarren des Futters aus aller Herren Länder oder dem aus der konventionellen Landwirtschaft überschwappenden Trend zu „größer und schneller“, konnte er nicht mit.

Seine biologischen Blonde-d’Aquitaine-Rinder züchtet er seit 20 Jahren auf natürliche Hornlosigkeit. Das schmerzhafte Enthornen bleibt den Kälbern so erspart, sagt er. Und die furchtbaren Qualen, die verletzte oder gar gebrochene Hörner mit sich bringen. Dem Handel konnte er sie nicht schmackhaft machen. Das Argument: Der Konsument kennt die Biokuh nur mit Horn. (Regina Bruckner, 16.11.2019)