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Wien/Lienz/Salzburg – In den von massiven Schnee- und Regenfällen heimgesuchten Regionen Süd-West-Österreichs wartet man auf die nächsten Niederschläge. In den Kärntner Gemeinden Lendorf und Millstatt wurde wegen drohender Hangrutschungen die Evakuierung von mehreren Wohnhäusern angeordnet. In Osttirol liefen die Aufräumarbeiten weiter auf Hochtouren. Trotz neuerlicher intensiver Niederschläge verlief die Nacht auf Sonntag dort weitgehend ruhig. Auch die Stromversorgung konnte über Nacht aufrechterhalten werden.

Stromausfälle

Die Aufräumarbeiten nach den starken Niederschlägen sind am Samstag in Osttirol auf Hochtouren gelaufen. Rund 500 Einsatzkräfte hatten zu tun. Nach einem kurzzeitigen flächendeckenden Ausfall der Stromversorgung in der Nacht auf Samstag, wodurch 24.000 Haushalte ohne Strom waren, waren es am Sonntagmorgen noch rund 1.700 Haushalte. Auch zahlreiche Straßen mussten vorerst noch gesperrt bleiben.

Ein ORF-Beitrag über die aktuelle Lage in Kärnten und Südtirol.
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"Der heutige niederschlagsfreie Tag war wichtig, um dringende Reparatur- und Sicherungsarbeiten zu tätigen. Die Vorbereitungen für die Nacht beziehungsweise den morgigen Tag sind im Gang – wir sind bestens gerüstet", sagte Bezirkshauptfrau Olga Reisner am Samstag. Seit den frühen Morgenstunden waren fünf Hubschrauber für Erkundungsflüge für die Lawinenkommissionen und die Tinetz im Einsatz. Mittels "Downwash"-Effekt der Rotorblätter wurde versucht, Bäume neben Stromleitungen vom Schnee zu befreien.

Evakuierungen in Kärnten

Im Bezirk Spittal/Drau wurde am Samstagnachmittag in der Gemeinde Lendorf und Millstatt die Evakuierung von mehreren Wohnhäusern angeordnet. In Lendorf drohte ein Hangrutsch. Am Millstätter Berg wurde bei einem Überwachungsflug nach einer abgegangen Mure festgestellt, dass zwei Anwesen gefährdet sind, teilte die Landespolizeidirektion mit.

In den frühen Nachmittagsstunden mussten am Hühnersberg zwei Einfamilienhäuser evakuiert werden. Nach Einschätzung des Landesgeologen war ein Abrutschen des Hanges nicht ausgeschlossen. Wenige Stunden später drang in der Gemeinde Spittal Wasser in den Keller eines Wohnhauses. Hinter dem Haus befand sich ein Hang, dessen Abrutschen nicht ausgeschlossen werden konnte. Das Gebäude sowie ein weiteres Wohnhaus wurden evakuiert.

Straßen weiterhin gesperrt

Aus Sicherheitsgründen blieben laut Land Tirol zahlreiche Straßen weiterhin gesperrt, darunter etwa die Felbertauernstraße von Matrei bis Mittersill, die Gailtalstraße (B111) sowie die Defereggentalstraße (L25). Zudem soll die Felbertauernstraße zwischen Huben und Matrei auf Höhe Hofstelle Strimitzer-Brühlbrücke wegen Lawinengefahr gesperrt werden. Die Drautalstraße (B100) wurde wieder für den Verkehr geöffnet.

"Aufgrund der neuerlichen intensiven Schneefälle ist auch morgen (Sonntag, Anm.) mit Straßensperren und Stromausfällen zu rechnen", so Reisner. Oberhalb von 1.500 bis 2.000 Meter wurden 80 bis 100 Zentimeter Neuschnee prognostiziert.

Wetterwarnung

Die ZAMG kündigte nämlich die nächste Regen- und Schneefront an und gab eine rote Warnung für Teile von Osttirol und Oberkärnten aus. In der Nacht auf Sonntag und am Sonntag selbst sowie am Dienstag sind heftige Niederschläge mit Schwerpunkt Osttirol und Oberkärnten zu erwarten. Somit wird es weiterhin Probleme durch umstürzende Bäume, Überschwemmungen und Hangrutschungen geben. Aus aktueller Sicht sei ab Mittwoch eine nachhaltige Entspannung zu erwarten.

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Für Sonntag gab der Lawinenwarndienst erneut Lawinenwarnstufe 4 der fünfteiligen Skala aus. Im hochalpinen Bereich können sich aufgrund des Neuschnees sowie dem zu erwartenden stürmischen Wind Schneebretter lösen, hieß es. "Aufgrund des starken Regens, der die Schneedecke durchfeuchtete, kann es im Bereich unter 1.500 Metern zu Gleitschneelawinen kommen. Daher ist vom Aufenthalt abseits gesicherter Pisten nach wie vor unbedingt abzuraten", betonte Rudi Mair, Leiter des Lawinenwarndienstes Tirol.

Für die südlichen Ötztaler Alpen, die Brennerregion, die südlichen Stubaier Alpen bis zum Zillertaler Hauptkamm sowie für die Kitzbüheler Alpen wurde ebenfalls Lawinenwarnstufe 4 ausgegeben, denn auch hier war Neuschnee zu erwarten.

Lage in Südtirol etwas beruhigt

In Südtirol hatte sich die Lage am Samstag etwas beruhigt. 60 bis 70 Staats- und Landesstraßen waren am Samstag gesperrt. Rund 11.000 Haushalte waren ohne Strom. In der Gemeinde Laas war auch die Trinkwasserversorgung ausgefallen. Die Berufsfeuerwehr musste deshalb Trinkwasser in die Gemeinde liefern. Das Land Südtirol warnte vor Lawinen und Gleitschneelawinen. Zu rechnen sei auch mit Baumstürzen, Steinschlägen und Rutschungen, kleinräumigen Überflutungen, Strom- und Kommunikationsausfällen sowie Verkehrsbehinderungen, hieß es.

Hangrutschungen und Felssturz in Kärnten

Die Einsätze in Kärnten betrafen Schäden wie umgestürzte Bäume, Hangrutschungen und Muren. In Mallnitz (Bezirk Spittal/Drau) knickte der Mast einer 110 KV-Leitung ein, was zu einem Wohnhausbrand führte, bei dem niemand verletzt worden ist. 1.700 Haushalte waren Samstagmittag laut dem Landesenergieversorger Kelag noch ohne Strom, vor allem im oberen Mölltal, Lesachtal und Liesertal.

Eine Nassschneelawine und eine Überflutung eines Bachs haben Freitagnacht bei einem Anwesen in Dellach/Gail (Bezirk Hermagor) Schäden angerichtet. Auch in der Gemeinde Kirchbach (selber Bezirk) ging eine Nasslawine ab und beschädigte laut Polizei ein Anwesen. Wasser gelangte ins Erdgeschoß und den Keller des Hauses. Personen wurden in beiden Fällen nicht verletzt.

Um die an der Drau und zugleich tiefst gelegene Kärntner Gemeinde Lavamünd zu schützen, wurden die großen Stauseen an der Drau abgesenkt. Betroffen waren die Seen bei Rosegg und Feistritz im Rosental, wo der Pegel auf 1,5 bis 2,5 Meter unter Normalniveau gesenkt wurde. Über das Kraftwerk Edling wurde der 24 Kilometer lange Völkermarkter Stausee bereits am Freitag um 1,5 Meter abgesenkt, um eine sichere Hochwasser-Abfuhr zu ermöglichen. Am Samstag war der Kraftwerksbetreiber Verbund auf Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt dabei, den Stauraum Edling auf ein Staumaß von bis zu drei Meter zu reduzieren. In der rund 3.000 Einwohner zählenden Marktgemeinde Lavamünd wurde intensiv an Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser gearbeitet. Eine Bankfiliale wurde am Samstagvormittag bereits geräumt und bleibt bis auf weiteres geschlossen.

Bahnverbindungen in Oberkärnten und Osttirol eingeschränkt

Auf den Gleisstrecken in Oberkärnten und Osttirol ist es zu Einschränkungen gekommen. Züge durch die ÖBB-Tauernschleuse zwischen Mallnitz und Böckstein verkehrten seit Mittag "bis auf weiteres" im Zwei-Stunden-Takt. Die bisherige Streckensperre zwischen Lienz und Innichen blieb aufrecht. Noch immer waren in Kärnten zahlreiche Straßen gesperrt.

In der Steiermark hat sich die wetterbedingte Situation weiter entspannt. Der Standort Stolzalpe des LKH Murtal (Bezirk Murau) war seit Freitagabend wieder normal erreichbar. Gesperrt blieben die kleine Landstraße von Rinegg in Richtung Stolzalpe (L523) und der Sölkpass (L704). Für Montagabend wurde die Freigabe der Turracherstraße (B95) erwartet.

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Die starken Regenfälle haben in der Nacht auf Samstag vor allem in den südlichen Salzburger Landesteilen zu zahlreichen Einsätzen der Feuerwehr geführt. Im Raurisertal haben zwei Schlammlawinen Zufahrtsstraßen zu Gehöften verschüttet. Im Zeller Ortsteil Thumersbach musste ein Haus wegen Murengefahr evakuiert werden, teilte das Landesmedienzentrum mit.

Die B311 wurde bei Bruck auf einer Länge von 150 Metern teils verschüttet. Sie wurde nach den Aufräumarbeiten einspurig wieder für den Verkehr freigegeben. Auch im Gasteinertal und Hüttschlag gab es Einsätze. In Goldegg war eine Baustelle überflutet worden, Feuerwehr und Wasserrettung bargen Baumaschinen und einen Dieseltank. In Bad Hofgastein blieb ein Autolenker im Bereich Schockgraben mit seinem Fahrzeug in den Schlammmassen stecken. Er blieb unverletzt, das Auto wurde beschädigt, teilte die Polizei mit.

In Oberösterreich verursachte der Föhnsturm Probleme: Ein Regionalzug, der von Garsten (Bezirk Steyr-Land) in Richtung Haltestelle Küpfern unterwegs gewesen war, musste um 21.30 Uhr wegen eines Baums, der auf die Oberleitung gestürzt war, eine Notbremsung durchführen. Der Zugbegleiter und die vier Fahrgäste blieben unverletzt, die Lok wurde stark beschädigt. Die Passagiere wurden nach dem Vorfall von der Feuerwehr zum nächstgelegenen Bahnhof gebracht. (red, APA, 16.11.2019)