Venedig – Nach dem tagelangen Hochwasseralarm in Venedig ist nun etwas Entspannung in Sicht. Für die kommenden Tage werden niedrigere Wasserstände erwartet, teilte die Kommune am Sonntagabend mit. Die Schulen sollten am Montag wieder öffnen. Dafür herrscht in anderen Teilen Italiens immer noch Unwetteralarm.
Unwetter in Emilia-Romagna und Toskana erwartet
Vor allem in den Regionen Emilia-Romagna um Bologna und in der Toskana war die Lage angespannt. Der Zivilschutz warnte vor weiteren Überschwemmungen. In Florenz wurde der Fluss Arno beobachtet, dessen Pegel in den letzten Tagen stark gestiegen ist. Die bekannten Renaissance-Gärten Boboli in Florenz wurden wegen der Gefahr, dass Bäume einstürzen könnten, geschlossen. Befürchtet wurde, dass der Arno auch in Pisa über die Ufer tritt. Überschwemmungen gab es auch in Grosseto. Im Raum der Stadt Empoli sowie in der Badeortschaft Orbetello mussten Hunderte Familien vorsichtshalber evakuiert werden, da Flüsse über die Ufer traten. Zwei Personen, die mit ihrem Auto in der toskanischen Badeortschaft Capalbio stecken geblieben waren, wurden in Sicherheit gebracht.
In Südtirol hatten heftige Schneefälle am Sonntag Chaos angerichtet. Der Höhepunkt der Niederschläge sei erreicht, die Lage solle sich im Laufe der Nacht beruhigen, twitterte Landesmeteorologe Dieter Peterlin. Im Großteil Südtirols sei in den letzten 24 Stunden zwischen 50 und 70 Liter Niederschlag pro Quadratmeter registriert worden. Später am Montag sollte es wieder regnen oder schneien.
Solidaritätsaktion für Venedig
Venedig ist in der vergangenen Woche drei Mal überflutet worden. Am Sonntag erreichte das Wasser 1,5 Meter über dem normalen Meeresspiegel, erklärte Bürgermeister Luigi Brugnaro. Damit standen rund 70 Prozent der Unesco-Welterbestadt unter Wasser. Der Markusplatz als tiefster Punkt der Stadt wurde geflutet und aus Sicherheitsgründen gesperrt. Städtische Museen waren geschlossen, der öffentliche Verkehr stark eingeschränkt.
Unterdessen hat eine Solidaritätsaktion für Venedig begonnen. Der Bürgermeister der die überschwemmten Lagunenstadt, Luigi Brugnaro, richtete angesichts der massiven Hochwasserschäden ein Spendenkonto für seine Stadt ein und warb um finanzielle Unterstützung. Spenden trafen aus ganz Italien und dem Ausland ein. Der italienische Premier Giuseppe Conte versprach, dass das Land Venedig nicht allein lassen werde. Brugnaro bezifferte die Schäden auf eine Milliarde Euro. Die Regierung hat bereits 20 Millionen Euro "für die dringendsten Maßnahmen" locker gemacht.
Brugnaro wird dieses Geld verwalten. Der italienische Zivilschutz hat ihm die Funktion des Regierungskommissars anvertraut, der die Verantwortung für die Nothilfe in der Lagunenstadt übernimmt.
Eine hohe Spende kommt auch aus Russland. Wohlhabende Russen erklärten sich bereit, mit einer Million Euro die Restaurierung der beschädigten Kunstschätze Venedigs zu finanzieren, teilte der italienische Botschafter in Russland, Pasquale Terracciano, laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA mit.
Planungen laufen
Der Bürgermeister hat nun 40 Tage Zeit, um einen Plan für den Neustart der Stadt zu entwickeln. Privatleute sollen mit jeweils bis zu 5.000 Euro für die Flutschäden entschädigt werden, Geschäftsleute mit bis zu 20.000 Euro.
Am 26. November soll eine Sonderkommission über die "Probleme Venedigs" beraten. Dabei soll es auch um ein geplantes Anlegeverbot für große Kreuzfahrtschiffe und ein umstrittenes Hochwasserschutzsystem Mose (siehe Grafik unten) gehen, das die Stadt mit schwimmenden Barrieren schützen soll und bereits seit 2003 in Bau ist. Bruganero versicherte, dass sich die Stadt bald wieder erholen werde. Wichtig sei jedoch, Mose fertigzubauen.
Jugendliche helfen
Inzwischen sind Hunderte Jugendliche aus ganz Italien in Venedig eingetroffen, die bei den Aufräumarbeiten mithelfen wollten. Organisiert wurde die Hilfsaktion von der Gruppe "Venice calls". Die Jugendlichen helfen bei der Säuberung von überschwemmten Wohnungen und Geschäften. Auf Facebook wurde das Bild eines Elektrikers gepostet, der erschöpft im Zug von Venedig nach Padua schläft, nachdem er stundenlang kostenlos bei der Behebung der Hochwasserschäden geholfen hatte.
Das Hochwasser war in der Nacht auf Mittwoch auf einen Pegel von 1,87 Meter gestiegen. Der Markusplatz und die Krypta des Markusdoms standen unter Wasser. Nur einmal seit Beginn der Aufzeichnungen war das Wasser noch höher gestanden: 1966 lag der Pegel bei 1,94 Meter. Das von Regen, Wind und den Gezeiten verursachte Hochwasser stieg am Donnerstag nicht noch weiter an, am Freitag sollte es dann bei 1,45 Meter liegen. In der Nacht auf Sonntag erreichte die Flutwelle einen Pegel von einem Meter. (APA, red, 17.11.2019)