Die Queen und drei ihrer Kinder – ganz links im Bild: Sohn Andrew.

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London – Ein Fernsehinterview von Prinz Andrew zu den Missbrauchsvorwürfen im Zuge der Epstein-Affäre droht zum Fiasko zu werden: PR-Experten bezeichneten das Interview am Sonntag als "verheerend". Andrew hatte darin die Vorwürfe einer Frau kategorisch zurückgewiesen. Es war das erste Mal, dass er sich über die Beziehung zu dem verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein äußerte, der im August in seiner Gefängniszelle Suizid begangen hatte.

Das TV-Interview beherrschte am Sonntag viele Titelseiten in Großbritannien, es hagelte Spott und Kritik: "Er sah nicht so aus, als sei er sich des Ernsts der Lage bewusst", hieß es im "Guardian". Prinz Andrew habe "keinerlei Bedauern oder Sorge um die Opfer Epsteins gezeigt".

"Wie im Treibsand"

Der PR-Experte Mark Borkowski sagte, Andrew habe wie ein Mann "im Treibsand" gewirkt, dem niemand helfe. Er selbst habe "niemals so etwas Verheerendes gesehen". Mehreren Presseberichten zufolge trat einer der Presseberater des Prinzen vor zwei Wochen zurück, weil er mit dem BBC-Interview nicht einverstanden war.

"Im Buckingham-Palast herrscht Sorge", zitierte die "Sunday Times" eine Quelle aus dem Königshaus. Mitarbeiter der Königin und von Thronfolger Prinz Charles seien unterschiedlicher Meinung über den Nutzen des Interviews gewesen.

"Ich habe keinerlei Erinnerung daran, diese Dame jemals getroffen zu haben", sagte Andrew in dem am Samstagabend von der BBC ausgestrahlten Interview über Virginia Giuffre. Sie wurde die nach eigenen Angaben jahrelang von Epstein missbraucht und auch zum Sex mit dessen wohlhabenden Freunden – einschließlich Prinz Andrew – gezwungen.

Giuffre, die früher Roberts hieß, wurde nach eigener Aussage dreimal zum Sex mit dem britischen Prinzen gezwungen. Demnach war sie beim ersten Mal, im Jahr 2001 in London, erst 17 Jahre alt. Sie nannte zwei weitere Gelegenheiten in New York und auf Epsteins Privatinsel in der Karibik.

Bereut Freundschaft

Andrew wies Giuffres Anschuldigungen in der Vergangenheit wiederholt zurück. In dem BBC-Interview betonte er: "Ich habe immer wieder und häufig gesagt, dass wir niemals irgendeinen sexuellen Kontakt hatten." Er könne "absolut kategorisch sagen, dass es nie passiert ist". Nach einer Anhörung in den USA im August hatte Giuffre vor Reportern gesagt, Andrew wisse "genau, was er getan hat, und ich hoffe, dass er reinen Tisch macht".

Auf einem verbreiteten Foto ist mutmaßlich der Prinz zu sehen, wie er seinen Arm um die damals 17-jährige Giuffre legt, im Hintergrund zeigt das Bild Epsteins Ex-Freundin Ghislaine Maxwell. Andrew sagte dazu in dem BBC-Interview, es handle sich um "die Fotografie einer Fotografie einer Fotografie". Er glaube nicht, dass "das Foto in der Weise aufgenommen wurde, die da angedeutet wird".

Der 59-Jährige ist der zweitälteste Sohn von Queen Elizabeth II und steht in der Thronfolge auf Platz acht. In dem BBC-Interview sagte er, er bereue, dass er auch nach Epsteins Verurteilung im Jahr 2008 dessen Freund geblieben sei. "Ich habe das so oft Revue passieren lassen", sagte Andrew. "Mit all der nachträglichen Einsicht, die man haben kann, war es definitiv falsch." Nachdem Epstein gestanden hatte, eine Minderjährige in die Prostitution gedrängt zu haben, saß er 13 Monate im Gefängnis. (APA, 17.1.2019)