"The Hills are Alive": Eine Persiflage auf "The Sound of Music" im Kellernazimilieu

Foto: Lex Karelly

Ex-Innenminister Herbert Kickl hat nicht nur zahlreiche Satiriker zu eindeutigen Vergleichen animiert. Auch der in Amsterdam lebende Theatermann Neville Tranter ließ sich vom Charme des Politikers zur Figur des Einwanderungsbeamten Norbert Frickl anregen, dessen Puppen-Physiognomie rein zufällig an Hitler erinnert. Dieser Frickl entscheidet über Einwanderungsanträge und macht nichts lieber, als "illegalen Immigranten" einen Stempel auf den abgelehnten Bleibeantrag zu donnern, und dabei gackert er vor Freude wie ein Huhn.

Keller-Nazi

"Immigration Officer Frickl" ist eindeutig der Ungustl in Neville Tranters englischsprachigem Stück "The Hills Are Alive", das am Schauspielhaus Graz uraufgeführt wurde.Es ist eine Groteske, für die Tranter und Nikolaus Habjan insgesamt acht Puppencharaktere zum Leben erwecken. Der Plot knüpft sehr frei an den Hollywoodklassiker "The Sound of Music" an und ist mehr als schräg: Max und Maria von Trüb – wie die Trapps bei Tranter heißen – und ihre Kinder bescherten als singende und jodelnde Familie im amerikanischen Exil der Heimat Austria über Jahrzehnte hinweg Millionen Touristen. Nun wollen sie hochbetagt nach Österreich zurückkehren.

Diesem Wunsch steht Magister Norbert Frickl entgegen. Er sieht die Stunde der Rache gekommen, denn die Trübs hatten 1939 durch ihre geglückte Flucht Frickls Vater, Gauleiter Keller (Achtung, Sprachwitz: "Keller-Nazi"!), zum Gespött der Ostmark gemacht.

Arnie und der Ziegenbock

Wer meint, das sei schon absurd genug, darf sich vom Auftritt eines verliebten Ziegenbocks in der Mitte des Stücks und von Arnold Schwarzenegger am Ende eines Besseren belehren lassen. Im Universum der Klappmaulpuppen, in denen Tranter und Habjan regieren, ist nichts unmöglich.

Will man alle Anspielungen in "The Hills Are Alive" verstehen, sollte man "The Sound of Music" kennen. Sowohl der sprechende Ziegenbock als auch das Bühnengemälde mit Alpenpanorama und nicht zuletzt Habjans famose Gesangs-Dekonstruktionen beziehen sich darauf. Und selbst der Titel "The Hills Are Alive" ist ein wörtliches Zitat aus dem Song "The Sound of Music".

Nur leider: Echte Tiefenschichten gewinnt das von Tranter geschriebene und inszenierte Stück durch diese Bezüge nicht. Aber was will man erwarten, wenn schon die Vorlage kaum aufgrund der psychologischen oder historischen Komplexität, sondern vielmehr durch ihre heimeligen Kitschfantasien weltberühmt wurde.

Lachen im Hals

Dem Kitsch macht das Puppenspieler-Duo zwar den Garaus, aber verglichen mit dem genialen F. Zawrel von Habjan oder der ausgezeichneten Tranter-Produktion "Schicklgruber alias Adolf Hitler" ist "The Hills Are Alive" eine zwar unterhaltsame, aber eher flache Angelegenheit. Wäre Kickl noch im Amt, würde einem zumindest das Lachen im Hals stecken bleiben.

Es hat übrigens einen guten Grund, dass die beiden Puppenmagier ihren ersten gemeinsamen Auftritt in Graz haben. Denn es war im hiesigen Schauspielhaus, wo 2001 der damals 14-jährige Habjan an einem Workshop Tranters teilnahm und dabei sein untrügliches Gespür für das Puppenspiel entdeckte. 18 Jahre später feierte das Publikum die beiden Virtuosen bei der Uraufführung ihrer Groteske mit Standing Ovations. (Werner Schandor, 17. 11.2019)