Fast alle Kinder in der Klasse von Brigitte haben Migrationshintergrund.

Foto: Thierry Michel

Warum sind die Großeltern aus der Türkei ausgewandert? Was waren die glücklichsten und die traurigsten Momente in ihrem Leben? Was bedeutet Liebe, was Demokratie? Wollen die Mädchen einmal ein Kopftuch tragen? Die Kinder der kleinen Grundschule in der ehemaligen Bergbaustadt Visé in Belgien stellen viele Fragen. Und überraschen oft mit Antworten, die manches Vorurteil auf den Kopf stellen. Ermutigt werden sie dabei von der ebenso resoluten wie warmherzigen Lehrerin Brigitte, die vor 30 Jahren in dem Ort hängengeblieben ist. Die meisten Kinder in ihrer Klasse sind Enkel muslimischer Bergarbeiter aus der Türkei.

Die Filmemacher Thierry Michel und Pascal Colson haben die Schulklasse für die von Arte erstmals am Sonntag ausgestrahlte und auf der Senderwebsite weiterhin abrufbaren Dokumentation Glück auf, Kinder in ihrem Abschlussjahr begleitet. Ihr empathischer filmischer Blick erinnert an Nicolas Philiberts preisgekrönten Film Sein und Haben (2002) über eine französische Dorfschule.

Es geht denn nicht um Thesen über die Rolle von Herkunft, sondern um Schule als einen Freiraum, der Selbstreflexion und Widerspruch zulässt. Ahmet, Baran, Sila, Muhammet Ali und ihre Klassenkameraden begegnen uns als aufgeweckte Charaktere. Ihre Klasse ist weder Idyll noch Problemhort. Am Ende des Schuljahres teilt man ein wenig ihren Abschiedsschmerz, aber auch die Gewissheit, dass sie für die künftigen Herausforderungen gerüstet sind, weil sie vor allem eines gelernt haben: mit Gewinn Fragen zu stellen. (Karl Gedlicka, 17.11.2019)