Rekonstruktion eines südpolaren Theropoden, dessen Federn in Australien gefunden wurden.
Illustration: Peter Trusler

Aus Australien kommt eine Erinnerung an die Museen der Welt, dass es nie verkehrt ist, die eigenen Lagerbestände zu durchforsten, ob sich da noch unerkannte Schätze verbergen. Die Funde, von denen ein internationales Forscherteam im Fachjournal "Gondwana Research" berichtet, zeigen, wie wie verbreitet die Dinosaurier während der Hochblüte ihres Zeitalters waren. Dass sie selbst unterhalb des antarktischen Polarkreises vorkamen, dürften sie der Ausbildung eines Gefieders verdanken.

In der Fossilienlagerstätte der Koonwarra Fishbeds, 145 Kilometer südöstlich der australischen Stadt Melbourne, hat man in den Sedimentschichten eines ehemaligen Sees erstmals schon in den frühen 1960er Jahren Federn aus der Kreidezeit entdeckt. Allzuviel Beachtung fanden sie bis jetzt allerdings nicht, berichtet Thomas Rich vom Melbourne Museum. Man schrieb sie urtümlichen Vögeln zu und widmete sich vermeintlich spektakuläreren Funden.

Einfach gebaut, aber den Zweck der Thermoisolierung erfüllend: die Protofeder eines Theropoden.
Foto: Melbourne Museum

Seit den 1990ern hat sich jedoch allmählich die Erkenntnis durchgesetzt, dass außer den Vögeln noch viele andere Dinosaurierarten Federn trugen. Vor diesem Hintergrund wurden nun die Funde aus Koonwarra – frühere ebenso wie aktuelle – genauer analysiert. Spezielles Augenmerk legten die Forscher dabei auf eine 118 Millionen Jahre alte Ansammlung von Federn verschiedenen Typs. Schwungfedern – offenbar von Vögeln – waren ebenso darunter wie sehr einfach gebaute "Protofedern", die eher an Haare erinnern.

Auf der Südhalbkugel wurden Dino-Federn bisher sehr selten gefunden. Und viel südlicher als Koonwarra geht es kaum. Zur Zeit, als die gefiederten Dinos lebten, lag die Region unterhalb des südlichen Polarkreises. Die dortigen Tiere mussten also mit extremen Bedingungen zurechtkommen, wie Studienkoautor Benjamin Kear von der Universität Uppsala betont: nicht nur mit der monatelangen Finsternis der Polarnacht, auch mit den Temperaturen. Selbst im warmen Erdmittelalter war es so nah am Pol im Winter nicht gemütlich.

Diese Feder eines kreidezeitlichen Vogels, ebenfalls aus Koonwarra, war schon deutlich komplexer aufgebaut.
Foto: Melbourne Museum

Dank ihrer Federn überstanden die Dinosaurier aber auch diese Herausforderungen. Manche, die zur näheren Vogelverwandtschaft gehörten, dürften ein Gefieder gehabt haben, das dem heutiger Vögel schon sehr ähnlich sah. Andere, etwa kleine fleischfressende Theropoden, dürften eher einen flauschigen "Pelz" aus Protofedern getragen haben. Zumindest kleinwüchsige Arten werden einen solchen Schutz benötigt haben – die Riesen könnten dank des bei ihnen günstigeren Verhältnisses von Körperoberfläche zu Volumen auch ohne Gefieder ausgekommen sein.

Das spricht für die Hypothese, dass der ursprüngliche Zweck von Federn die Isolierung gewesen ist. Nachdem die zunächst noch simpel aufgebauten Urfedern einmal da waren, konnten sie dann aber für neue Zwecke adaptiert werden – etwa als Schmuck für die Brautwerbung oder eben zum Fliegen.

Zugleich demonstrieren die Funde von Koonwarra die tatsächlich globale Verbreitung der Dinosaurier während der Kreidezeit. Funde aus dem hohen Norden kennt man schon länger – so lebte zum Beispiel ein Hadrosaurier mit dem klingenden Namen Ugrunaaluk kuukpikensis in der Arktis des heutigen Alaska. Die Dinos waren also tatsächlich annähernd von Pol zu Pol verbreitet. (jdo, 18. 11. 2019)