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Várhelyis Antworten auf die schriftlichen Zusatzfragen des EU-Parlaments haben offensichtlich ausgereicht.

Foto: AP/Francisco Seco

Ungarns Kandidat für den Posten des Erweiterungs- und Nachbarschaftskommissars, Olivér Várhelyi, dem es zuvor nicht gelungen war, eine Mehrheit der Mandatare im EU-Parlament von sich zu überzeugen, musste bis Montagmittag fünf Fragen beantworten. Offenbar war es mit der Beantwortung getan: Er wurde vom EU-Parlament mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit bestätigt.

Am Montagnachmittag haben die Vertreter der Fraktionen im Außenausschuss des EU-Parlaments die Antworten evaluiert – und dem Ungarn grünes Licht gegeben. Die ersten der fünf Fragen zielten auf Várhelyis politische Heimat in der rechtskonservativen Fidesz-Partei von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán ab. Es wurde sinngemäß hinterfragt, ob er sich von Orbán beeinflusst fühlt oder an diesen gebunden sei – oder ob er im Sinne der EU handeln werde.

Nun muss noch das Plenum des Europaparlaments das gesamte Kollegium bestätigen. Ursula von der Leyen musste bis zuletzt um ihren Start als Kommissionspräsidentin am 1. Dezember bangen. Die Zustimmung zu Várhelyis Berufung in das Team der Deutschen war nämlich Voraussetzungen dafür, dass die neue EU-Kommission in gut zwei Wochen ihre Arbeit aufnehmen kann. Ursprünglich hatte von der Leyen mit ihrem Team bereits am 1. November starten wollen. Die Ablehnung der erstnominierten Kandidaten aus Rumänien, Frankreich und Ungarn hatten Nachnominierungen notwendig gemacht und den institutionellen Wechsel verzögert.

Nun fehlt noch ein EU-Kommissar aus Großbritannien. London ist aufgrund der Verschiebung des Brexits auf den 31. Jänner verpflichtet, einen Kandidaten zu nominieren, weigert sich aber, dies vor den Parlamentswahlen am 12. Dezember zu tun. Die EU-Kommission hat daher ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Bis 22. November hat die britische Regierung nun Zeit, ihre Sicht darzulegen.

Asyl für Gruevski

Várhelyi wurde in den schriftlichen Fragen zudem auch danach gefragt, wie er zum Asyl für den ehemaligen nordmazedonischen Regierungschefs Nikola Gruevski in Ungarn steht, ohne diesen namentlich zu nennen. Der Nationalkonservative Gruevski war im Vorjahr in Nordmazedonien rechtskräftig zu einer zweijährigen Haftstrafe wegen Korruption verurteilt worden. Unmittelbar vor Haftantritt floh Gruevski im November 2018 mithilfe ungarischer Diplomaten in das von seinem Parteifreund Orbán regierte Ungarn, wo er politisches Asyl erhielt. Ende Juni hatte ein Gericht in Budapest einen Antrag der – nach der Umbenennung Mazedoniens in Nordmazedonien heuer – nordmazedonischen Behörden auf Auslieferung Gruevskis zurückgewiesen.

In der zweiten Frage ging es darum, wie Várhelyi zur Empfehlung des Europäischen Parlaments steht, wonach eine konkrete Regelung für Sanktionen bei Menschenrechtsverletzungen einzuführen sei, die derzeit im Rat erörtert wird. "Und wie werden Sie zu ihrer raschen Annahme beitragen?", wird gefragt. Was Várhelyi als zuständiger Kommissar in einen Fortschrittsbericht schreiben würde, wenn ein Erweiterungskandidat die Opposition einschränkt, die nationalen Medien fast vollständig kontrolliert, Richter in Frühpension schickt und die Freiheit der Wissenschaft und Lehre einschränkt, behandelte Frage drei.

Zivilgesellschaft in EU-Nachbarländern

Auch Frage vier thematisierte zivilgesellschaftliche Belange. Es ging darum, wie Várhelyi die Zivilgesellschaft in Nachbarländern der EU in unterstützen will. "Und verpflichten Sie sich, Mittel für Regierungen im Rahmen der Budgethilfe auszusetzen, wenn diese gegen Menschenrechte verstoßen, Einschränkungen der Rechte von Menschenrechtlern, Migranten, Flüchtlingen und religiösen Minderheiten eingeschlossen?"

"Wie hoch sollten die Vorbeitrittsbeihilfen auf dem Westbalkan sein?" lautete der Anfang der fünften Frage. Weiters wurde hier unter anderem hinterfragt, ob Várhelyi dafür ist, die Vorbeitrittsbeihilfen für die Türkei zu senken. Das Verhältnis Ungarns zur Türkei gilt als das beste eines EU-Staates mit Ankara. (red, APA, 18.11.2019)