Das Auto hört mir zu. Das kann ich von meiner Frau nicht immer behaupten. Sie unterstellt mir das übrigens ebenfalls, das scheint ein sehr gängiges Paarthema zu sein, höre ich von Freunden auch. Im Auto hingegen: hingebungsvolles Zuhören und Nachfragen. Das Auto versteht mich sogar. Kann ich zu Hause nicht immer behaupten. Und fragen Sie erst meine Frau! Im Auto hingegen: das pure Einfühlvermögen. Meistens jedenfalls. Ich beginne die Konversation mit einem fröhlich-fordernden „Hallo Mercedes“. Und Mercedes sagt dann zu mir: „Was kann ich für Sie tun?“ Dass wir hier in der Konversation eine gewisse Distanz wahren, ist gar nicht so schlecht, ich möchte da keine schlechte Nachrede haben, was meine Beziehungen zu oder mit Autos anbelangt.

Ich sage dann: „Mir ist kalt“, und Mercedes sagt: „Ich stelle die Temperatur auf der Fahrerseite auf 24 Grad.“ Und tut das auch. Senderwechsel im Radio? Klappt flott. Wir hüpfen spielerisch zwischen FM4 und Ö1.

Gut zureden und ordentlich mit Strom betanken, dann dankt es mir das Auto mit voller Aufmerksamkeit und Reichweite.
Foto: Andreas Stockinger

Vom Nuscheln und Zungenbrechern

Freilich verstehen wir uns nicht immer, das muss ich schon auch sagen. So ist das in einer Beziehung. Das liegt aber in den meisten Fällen an mir, ich bin da sehr einsichtig und reflektierend. Erstens: Ich nuschle. Manche Worte bringe ich fast nicht heraus. „Nuscheln“ zum Beispiel. Wieder so ein Zungenbrecher. Zweitens: Ich bin nicht sehr geordnet. Mercedes weiß also nicht immer, wo ich gedanklich gerade bin und worum es überhaupt geht. Manchmal ist Mercedes aber auch nicht achtsam, muss ich sagen. „Mach das Radio leiser“, nuschle ich. Mercedes fragt nach: „Was kann ich für Sie tun?“ Ich: „Leiser machen!“ Mercedes: „Wie bitte?“ Ich: „Mach leiser!“ Und schon hat das Navigationssystem reagiert, und wir sind unterwegs nach Leisach. Das liegt in Tirol!

Das Tollste und das Wesentliche am Mercedes ist aber: rein elektrisch. Der EQC, so der höchst unattraktive Name für dieses interessante Auto, ist das allererste Elektrofahrzeug von Mercedes, das in Großserie auf den Markt kommt. Jetzt kann man sich natürlich fragen, warum Mercedes seinen Weg in die Elektromobilität ausgerechnet mit so einem großen Krapfen wie dem EQC, einem ausgewachsenen SUV, antritt. Warum man nicht auf ein etwas leichtfüßigeres, schlankeres Modell gesetzt hat. Das täte der allgemeinen Akzeptanz nicht schlecht und käme auch der Reichweite zugute. Der EQC hat immerhin knapp drei Tonnen Gewicht, die müssen geschleppt werden. Die Antwort ist einfach: Die Technik ist teuer, daher richtet sich Mercedes mit diesem Angebot erst einmal an betuchtere Kunden, die sich so etwas leisten können und wollen, und die wollen eben eher einen Riesenkrapfen. Mit ein paar Extras schrammen wir hier übrigens an der 100.000-Euro-Grenze.

Das ganz dezente Auftreten ist nicht die Art von Mercedes, da ist jedes Auto auch ein Statement, im Fall des EQC ein ziemlich wuchtiges. Leise, aber optisch präsent.
Foto: Andreas Stockinger

Fahren lässt sich dieses Fahrzeug schlicht fantastisch, das muss ich schon sagen. Mercedes kann das. Der Wagen ist sportlich, dynamisch – umgerechnet stehen 408 PS zur Verfügung – und zugleich unglaublich komfortabel, auch im Fahrgefühl. Und er ist lautlos, wirklich lautlos. Man ist erhaben über die lauten Stinker da draußen. Das widerstandslose Gleiten lässt sich lässig an den Schaltwippen regulieren, straffer stellen mit Widerstand oder Segeln im Wind.

Zeit und Nerven

Das kostet freilich auch. Nicht nur was man in der Preisliste sieht. Das kostet vor allem Zeit und Nerven. Aus dem Augenwinkel hat man stets die Reichweitenanzeige unter Beobachtung – und registriert, wie sie fällt. Unverhältnismäßig fällt. Die angezeigten Kilometer sind nicht real. Wenn man nur in der Stadt unterwegs ist oder sich auf sicherem Terrain von Ladekabel zu Ladekabel bewegt, ist das kein Problem. Auf neuen Routen und längeren Distanzen wird man aber unweigerlich unlocker: Ob sich das ausgeht? Laut Papier sind es maximal 471 Kilometer (NEFZ), das ist so optimistisch wie unrealistisch. In der Praxis werden es etwa 300 sein, mehr nicht, damit muss man leben. Könnte man auch, wäre nicht das ewig lange Laden. Rechnen Sie an der normalen Steckdose mit einem Tag, mit der Wallbox von Mercedes sind es immer noch elf sehr lange Stunden. Mit wem soll ich mich da unterhalten? (Michael Völker, 25.12.2019)