Ein paar Hundert Meter im Jeep Wrangler reichen aus, um auf einmal den SUV-Boom zu verstehen. Die Begeisterung für diese Autos ist ja nicht jedem eingängig. Und das nicht erst, seit die Hersteller ihre Möchtegern-Abenteuerautos künstlich tiefer legen, damit sie sportlicher wirken. Aber jetzt ist alles klar.

Schon das Einsteigen ist ein besonderer Moment. Ohne den Griff an die A-Säule muss man sich fast schon anstrengen, um galant in den Wrangler gleiten zu können. Es ist ein kleiner Aufstieg, fast schon so anstrengend wie der Versuch, sich elegant in einen Supersportwagen zu falten. Aber diese kleine Mühe, die gehört dazu.

Der Jeep Wrangler ist ein Geländewagen vom alten Schlag, also ein echter Offroader mit Untersetzungsgetriebe und Leiterrahmen. Außerdem kann man Türen und Dach abbauen.
Foto: Guido Gluschitsch

Das Gewissen rebelliert, aber...

Und dann tut sich ein Blick auf, bei dem der Puls leicht ansteigt. So etwas stellen sich das SUV-Fahrer beim Kauf vor. Das Gewissen rebelliert zwar bei jedem Meter, den man mit diesem Wagen auf der Straße zurücklegt. Das Ökologische, natürlich, brauchen wir gar nicht reden. Das Automobile aber auch. Und wie. Der Wagen ist nicht für die Straße gebaut. Der will ins Gelände. Er braucht Schlamm, Schotter und Steine unter den Reifen. Obwohl ...

Mit dem Sahara baut Jeep ja einen alltagstauglichen Wrangler. Und genau einen solchen haben wir für den Test ausgefasst: Jeep Wrangler Unlimited Sahara 2.2. Overland. Wir haben einen mit langem Radstand, fünf Türen, 18-Zoll-Leichtmetallfelgen, Ledersitzen, und die Radkastenverbreiterungen sind in Wagenfarbe lackiert. Die Metalliclackierung ist ebenfalls optional, wie die beheizten Frontsitze. Ja hallo, mehr Komfort geht ja in einem Wrangler schon gar nicht mehr. Und trotzdem ...

Liegt besser auf der Straße

Der Wrangler ist auf der Straße immer ziemlich bockig gewesen. Die langen Federwege, der steife Leiterrahmen, der Antrieb, der nicht auf Schickimicki, sondern extreme Belastung ausgelegt ist. Das alles forderte eben seinen Tribut. Genau. Forderte.

Beim neuen Jeep Wrangler ist das ein wenig anders. Gerade als Sahara fühlt er sich auf der Straße richtig gut an. Das Bockige ist so gut wie verschwunden. Trotzdem merkt man auf jedem Meter, dass man in einem echten Geländewagen sitzt. Jeep hat gut daran getan, beim Wrangler keine halben Sachen zu machen. Auch wenn das vielleicht Kunden abhält, die gar keine Offroadtouren mit dem Wrangler planen. Das ist nicht nur mutig, vor allem im Vergleich zum Defender, das beruhigt auch wieder ein Stück weit das Gewissen.

Die Freizeithelden sollen sich einen SUV kaufen. Der Wrangler bleibt ein Auto, das ein wenig eingesaut am besten aussieht. Nicht nur deshalb fällt auf, dass der Freund, der da die Almhütte hat, die so ausgesetzt steht, dass man da normal nur zu Fuß raufkommt, schon ewig auf den Besuch wartet. Und wenn die Spetzln vom ÖAMTC-Offroadzentrum in Stotzing nicht vorbeikommen, um zu fragen, wie es geht, fällt einem spätestens in diesem Wagen ein, dass man ja auch den Spieß umdrehen und den Offroad-Park aufsuchen könnte. Nein, die Freunde natürlich. Hoppala.

Fast klassisch sind auch noch die Armaturen im Wrangler: einfach abzulesende Rundinstrumente. Modernes Infotainment gibt es trotzdem.
Foto: Guido Gluschitsch

Offroad-Prüfung

Kein Hoppala gab es mit dem Wrangler in Stotzing. Den bringt man nicht so leicht an seine Grenzen. Auf 4L geschaltet, also den Allradantrieb aktiviert und die Untersetzung eingeschaltet, und selbst Passagen, wo andere heulend aus dem Auto steigen, meistert der Sahara ohne die geringste Mühe. Das, obwohl straßentauglich befüllte, ganz harmlose Winterreifen montiert waren. Womit die größte Schwachstelle dieses Wrangler im Offroad schon einmal ausgemacht wäre. Offroad-Patschen drauf. Fertig.

Wem das aber noch zu wenig bedingungslos ist, wäre gut beraten, einen Rubicon ins Auge zu fassen. Der hat noch einmal ein ärgeres Fahrwerk, eine noch kleinere Untersetzung und Sperren an beiden Achsen. Die lassen sich entweder beide oder allein die an der Hinterachse, elektronisch, über einen Schalter im Cockpit, aktivieren.

Nur ein Benziner

Puristen sind mit dem kurzen Sport am besten beraten. Der kurze Radstand ergibt einen besseren Böschungswinkel. Außerdem ist er pflegeleichter. Ist der innen verdreckt, zieht man schlicht den Stopfen aus der Bodenplatte und erledigt die Grobsäuberung mit dem Gartenschlauch.

Einziges Jeep-Enthusiasten-Manko: Es gibt neben dem 2,2-Diesel bei uns nurmehr einen Benziner – einen Vierzylinder mit zwei Liter Hubraum und 272 PS. (Guido Gluschitsch, 01.01.2020)