Gleich nach der knappen Niederlage beim Endspiel der ATP Finals in London mag Dominic Thiem nachgedacht haben, was er im Jahr 2020 noch besser machen könnte.

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Am Sonntagabend hat es Dominic Thiem trotz der Endspielniederlage bei den ATP Finals in London gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas erstmals zur Nummer eins gebracht. Durchschnittlich 677.000 Menschen sahen das Drei-Satz-Match bei Servus TV, fast eine Million in der Spitze – der bisher stärkste Wert in der Geschichte des Privatsenders. Am Montagabend gastierte Thiem dann auch noch samt Familie – Mutter Karin, Vater Wolfgang und Bruder Moritz – zur Plauderei im Hangar-7 des Salzburger Flughafens. Danach passen ein paar Tage Urlaub, erst daheim in Niederösterreich, dann irgendwo in der Sonne, in den engen Zeitplan des 26-jährigen Tennismillionärs.

Der ist nach einem Jahr mit fünf Turniersiegen, darunter dem heimatlichen Doppel aus Kitzbühel und Wiener Stadthalle, mit dem ersten Masters-1000-Titel (Indian Wells), aber auch mit schmerzlichen Finalniederlagen bei den French Open und eben in London auf eine weitere Steigerung ausgerichtet. Man kann es drehen und wenden, wie man will, die aktuelle Nummer vier der Welt kann sich nicht nur den Vorstoß in Richtung Tennisthron vornehmen. Zumal das führende Trio mitspielen und also deutlich nachlassen müsste.

Federer in Sicht

Aktuell ist nur Roger Federer mit 765 Zählern Vorsprung für den Österreicher einigermaßen in Reichweite. Allerdings hat der Schweizer bei den Australian Open, dem ersten Grand-Slam-Turnier des neuen Jahres ab 20. Jänner, nur ein Achtelfinale, also 180 Punkte, zu verteidigen. Bei Thiem sind es 45, nachdem er im verwichenen Jänner in Melbourne angeschlagen schon in Runde zwei die Segel streichen musste. Finalisiert haben seinerzeit Rafael Nadal und Novak Djokovic mit klar besserem Ausgang für den Serben, Tsitsipas stand im Halbfinale, hat also ebenfalls viel vor zum Saisonbeginn.

Thiem, der schon Anfang Dezember bei Fitnesscoach Duglas Cordero in Miami das körperliche Fundament für das vielleicht entscheidende Jahr seiner weiteren Karriere legt, reist kurz vor Weihnachten nach Down Under, wo auch Haupttrainer Nicolás Massú wieder zu ihm stößt. Beim neuen ATP Cup, den Thiem mit Spezi Dennis Novak ab 3. Jänner zunächst in Sydney spielt, gesellt sich Thomas Muster als Coach dazu. Welche Rolle die ehemalige Nummer eins letztlich im Team Thiem spielen soll, ist offen.

Viele Punkte zu verteidigen

Die Australian Open bieten die erste Chance, seine auch schon von Alexander Zverev ausgesprochene Prophezeiung Realität werden zu lassen. "Ich bin ziemlich sicher, dass wir nächstes Jahr einen neuen und jungen Grand-Slam-Champion sehen werden."

In Wahrheit gibt sich Thiem diesbezüglich bei den French Open, deren Finale er zuletzt zweimal en suite schmückte, die besten Chancen. Die folgende Rasensaison besteht für ihn wohl nur aus Wimbledon. Danach hat Thiem so viele Punkte wie noch nie in seiner Karriere zu verteidigen, nämlich 2600. Heuer etwa waren es nur halb so viele.

Das Um und Auf der Spitzenplatzierung ist neben Siegen bei Grand-Slam- und Masters-1000-Turnieren aber die Konstanz, also auch die Resilienz und die körperliche Widerstandsfähigkeit. Thiems Planung soll dahingehend optimiert werden. Die Konzentration auf Großevents, weniger Spiele und längere Pausen – so soll der Sturm auf den Thron zumindest eine Chance haben. (Sigi Lützow, 18.11.2019)