Silvia Stantejsky muss sich vor Gericht wegen Untreue, Veruntreuung und Bilanzfälschung verantworten.

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Dass sich die Realität der modernen Betriebswirtschaft mit den Verhältnissen am früheren Burgtheater nur wenig vertrug, wurde am dritten Tag des Prozesses gegen Silvia Stantejksy, die 2013 im Zuge des Finanzskandals entlassene kaufmännische Ex-Geschäftsführerin, einmal mehr deutlich.

Der Kassier der Hauptkassa bestätigte im Zeugenstand, dass bis zu 60 Prozent der Gagen und Gehälter u.a. an künstlerisches Personal in bar ausgezahlt wurden. Stantejksy konnte sich Geld auch ohne Gegenzeichnung eines Dritten aushändigen lassen. Das System sei schon immer gängige Praxis gewesen, also auch in der Zeit vor Stantejsky, als Thomas Drozda (SPÖ) die Burg-Finanzen verantwortete.

Mitunter sei es vorgekommen, dass die Geschäftsführerin etwa von Burg-Direktor Matthias Hartmann gebeten wurde, Künstlern mit Finanzschulden (u.a. Steuern) "auszuhelfen" und Geld aus der Burg-Kassa vorzuschießen.

Stantejksy selbst habe unter Druck, ausgeglichen bilanzieren zu müssen, über die Jahre bis zu 300.000 Euro aus der Privatkassa in die Burg gesteckt und sich später einen Teil wieder "zurückgeholt". Dies dürfte ihr, es gilt die Unschuldsvermutung, nun zum Verhängnis werden. Stantejskys Teilgeständnis bezieht sich auf die Vorwürfe Untreue und Veruntreuung.

Depressionen und Selbstmordgedanken

Konkretisiert wurde am Montag, dass die Angeklagte seit 2010 unter Depressionen litt und 2013 in Berlin kurz vor einem Selbstmordversuch gestanden sei. Über ihre verzweifelte Situation hätte sie sogar den Bundestheater-Holding-Prokuristen Othmar Stoss informiert.

Auch er sagte am Montag vor dem Schöffengericht aus und bestätigte, dass die Budgetsituation des Theaters seit Jahren "angespannt" gewesen sei. Stoss wies darauf hin, dass durch die fehlende Inflationsanpassung der Subventionen seit der Ausgliederung aus der Staatsverwaltung im Jahr 1999 der Finanzbedarf jedes Jahr um bis zu fünf Millionen Euro stieg. Acht Jahre lang habe man ohne Erhöhung der Subvention auskommen müssen.

Seitens der Holding habe man zwar die "schwarze Null" von Stantejsky gefordert, diese habe aber nicht deklariert, dass das "nicht zu schaffen sei".

Die Angeklagte sieht das anders. Mehrmals sagte sie im Prozessverlauf bereits, dass sie auf die Unmöglichkeit des ausgeglichenen Budgets hingewiesen hätte. Holding-Chef Georg Springer habe sie aber immer "nach Hause geschickt" und gesagt, "schau, an welchen Schrauben du noch drehen kannst" – was Stantejsky schlussendlich auch getan haben dürfte.

Auf die Frage, warum Sie nicht auf den Tisch gehaut und die "schwarze Null" verweigert hätte, antwortete die Angeklagte mehrfach "ich weiß es nicht". Schlimmstenfalls hätte sie ihre Position als Geschäftsführerin verloren und wäre auf ihren alten Vertrag als Prokuristin zurückgefallen, meint Stantejsky. Unkündbar sei sie jedenfalls gewesen.

Am Dienstag sollen Georg Springer und Ex-Burg-Direktor Matthias Hartmann selbst als Zeugen aussagen. Danach wird der Prozess auf frühestens Mitte Dezember oder Jänner vertagt. Dann ist auch mit einem Urteil zu rechnen. Stantejsky drohen bis zu zehn Jahre Haft. (Stefan Weiss, 18.11.2019)