Mit dem Gesetz sollen Großprojekte "im besonderen Interesse der Republik" schneller genehmigt werden.

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Wien – Ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) könnte umweltpolitisch künftig einiges ins Rollen bringen. Wie am Montag bekannt wurde, hat der Gerichtshof entschieden, dass das Umweltministerium eine Stellungnahme zum Standortentwicklungsgesetz nicht zurückhalten darf. Konkret geht es um eine vom Umweltministerium nicht veröffentlichte Einschätzung des Standortturbos, der vergangenes Jahr von ÖVP, FPÖ und Neos beschlossen wurde.

Das Ministerium, damals noch unter der Leitung von Elisabeth Köstinger (ÖVP), hatte während des Begutachtungsverfahrens eine Stellungnahme an das Wirtschaftsressort weitergeleitet. Diese wurde bis dato nicht veröffentlicht – trotz Kritik seitens der Opposition und mehrerer Umweltorganisationen. Die NGO Virus hatte daraufhin ein Auskunftsbegehren nach Umweltinformationsgesetz an das Ministerium gerichtet und einen negativen Bescheid erhalten. Dieser wurde später auch vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) bestätigt.

Auch Stellungnahmen sind Umweltinformationen

Der Verwaltungsgerichtshof beurteilte die Causa jedoch anders: Auch bei Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren könne es sich um Umweltinformationen handeln, heißt es in der Entscheidung. Nicht jede Stellungnahme stelle jedoch per se eine Umweltinformation dar, heißt es weiter. Entscheidend sei, ob sich das betroffene Gesetzesvorhaben bei seiner Umsetzung auf die im Gesetz genannten Umweltbestandteile oder -faktoren auswirken wird oder deren Schutz dienen soll.

Nun geht der Ball wieder zurück an das BVwG, das das Begehren neu bewertet. Entweder wird dieses die bisher zurückgehaltenen Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, oder aber das Ministerium selbst ist am Zug, sagte der Umweltrechtsexperte Wolfgang List im Gespräch mit dem STANDARD.

"Missglückteste Gesetzesvorhaben"

Dass das Ministerium die Einschätzung nun veröffentlichen muss, meint jedenfalls die Umweltorganisation Virus, die den Prozess ins Rollen gebracht hat. In einer Aussendung nennt die NGO das Gesetz, durch das vorrangige Infrastrukturprojekte eine Sonderbehandlung erhalten sollen, „das missglückteste, mehrfach rechtswidrige Gesetzesvorhaben der jüngeren Zeitgeschichte“.

Von sich heraus wird das Umweltministerium die Stellungnahme jedenfalls nicht veröffentlichen: Man warte die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab, hieß es in einer Stellungnahme am Montag. „Das Ressort ist davon ausgegangen, dass keine Verpflichtung zur Veröffentlichung informeller Anmerkungen besteht.“

Im Umweltrecht bildet das Urteil jedenfalls ein Novum, sagt der Jurist List: „Die Dimensionen sind gewaltig, das hat einen noch nicht abschätzbaren Wirkungsbereich.“ Dort, wo bisher in einigen Fällen im Umweltbereich Auskünfte oder Stellungnahmen verweigert und Informationen zurückgehalten wurden, könnten sich Kläger nun auf die VwGH-Entscheidung berufen. „Das ist ein ordentlicher Präzedenzfall und wird unglaubliche Auswirkungen haben“, so List. (lauf, 18.11.2019)