Das Rinterzelt zum An-die-Wand-Hängen.

Foto: Kunsthalle Wien

Welches Bauwerk wurde als "Vesuv von Kagran" bezeichnet? Antwortmöglichkeiten wie bei der Millionenshow gibt es hier nicht, aber man kommt mit ein bisschen Nachdenken selbst dahinter, dass es sich eigentlich nur um das Rinterzelt handeln kann. Am 17. Oktober wurde die unkonventionelle transdanubische Landmarke aus Holz und Blech gesprengt – tatsächlich sah das wie ein Vulkanausbruch aus. Der alte Spitznomen wurde also zum Omen.

Schon kurz nach seiner Inbetriebnahme im Jahre 1981 musste Rinter, kurz für R(ecycling) und Inter(national) mit seiner automatischen Sortieranlage Konkurs anmelden, die Stadt übernahm den Standort. Anhand des Rinterzelts könnte man viel über die architektonischen, die politischen, die sozialen Dimensionen der jüngeren Stadtgeschichte erzählen, und eigentlich tut der Künstler Andreas Fogarasi in seiner Arbeit und speziell in seiner aktuellen Ausstellung Nine Buildings, Stripped in der Kunsthalle am Karlsplatz nichts anderes. Aus den Baumaterialien von Gebäuden, die aus dem Stadtbild verschwinden, und jenen, die an ihre Stelle treten, schnürt Fogarasi skulpturale Pakete, die natürlich entpackt, decodiert werden wollen.

Aufgeräumte Materialschlachten

Konzeptuelle Restlverwertung trifft auf dokumentarischen Anspruch, die ordentlichen, oft fast etwas steril wirkenden Materialschlachten verbergen auf den ersten Blick ganz bewusst die aufgeladenen Inhalte, auf die sie verweisen. Nonchalant und clever lässt Fogarasi den Verdacht der Verklärung oder Nostalgie gar nicht erst aufkommen.

Einzig die Größe (durchwegs stattlich!) der Arbeiten schielt auffällig in Richtung Kunstmarkt beziehungsweise Bankfoyer. Die kleineren Skizzen des gebürtigen Wieners, die er mit derselben Herangehensweise verwirklicht, haben dieselbe Strahlkraft, wirken aber sympathischer. (Amira Ben Saoud, 18.11.2019)