Die Ibiza-Hintermänner sollen über Komplizen von Strache mindestens 400.000 Euro für bislang unveröffentlichte Ibiza-Video-Sequenzen verlangt haben.

Foto: Screenshot Spiegel SZ

Wien – Bei den Ermittlungen zu den Hintermännern des berüchtigten Ibiza-Videos gab es am Dienstag neue Entwicklungen. Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte, dass es zu mehreren Hausdurchsuchungen und Festnahmen gekommen war. Da es sich bei den gesamten Ermittlungen um einen "Verschlussakt" handelt, gibt die Staatsanwaltschaft dazu keine weiteren Informationen bekannt.

Hinter den Kulissen hieß es rasch, dass sich die Ermittlungsmaßnahmen dieses Mal gegen Mitarbeiter des "Ibiza-Detektivs" J. H. gerichtet haben. Der ist im Ibiza-Video zu sehen. H. spielt den Begleiter der falschen Oligarchennichte, die sich mit dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und seinem Vize Johann Gudenus Korruptionsfantasien hingab.

Mehrere Hintermänner

Die Staatsanwaltschaft denkt, nun zwei weitere Hintermänner des Ibiza-Videos gefunden zu haben. Sie wurden am Dienstag in Gewahrsam genommen. Das geht aus einer Anordnung hervor, über die am Abend die "Salzburger Nachrichten" berichteten. Damit wollen die Behörden nun insgesamt vier Personen hinter dem Ibiza-Clip identifiziert haben: Schon rasch nach dem Auftauchen des Videos im Mai 2019 war klar, dass der Wiener Rechtsanwalt M. und der Münchner Detektiv J. H. in dessen Entstehung involviert waren.

Informationen zu weiteren Verantwortlichen wurden durch den ominösen Sicherheitsberater Sascha Wandl genährt, der einst Partner von J. H. war. Wandl tingelte nach der Publikation des Videos mit mehreren Theorien durch die Medien. Daraufhin konzentrierten sich Journalisten und offenbar auch Ermittler auf gemeinsame Bekannte von J. H. und Wandl.

Ein ORF-Bericht über die Hausdurchsuchungen und Festnahmen.
ORF

Gerangel um Hintermänner

Diese Bekannten dürften von den aktuellen Hausdurchsuchungen und von den Festnahmen betroffen gewesen sein. Um sie war in den vergangenen Monaten ein Gerangel ausgebrochen. Elektronische Kommunikation, die dem STANDARD vorliegt, zeigt, dass diese ehemaligen Geschäftspartner und Mitarbeiter von J. H. und Wandl mit Gert Schmidt, dem Betreiber der Plattformen "EU-Infothek" und Spieler-Info.at, kooperiert haben.

Auch der Übersetzerin V., die einst mit dem "Ibiza-Detektiv" liiert war, soll Schmidt ein Angebot gemacht haben, über ihre Vergangenheit mit J. H. auszupacken – im Unterschied zu anderen lehnte sie jedoch ab. Schmidt will über Informanten "keine Auskunft" geben, bestätigt jedoch, dass einer der ehemaligen J.-H.-Mitarbeiter, der am Dienstag festgenommen wurde, nun bei ihm "als Rechercheur für Spieler-Info.at tätig ist". Mit V. habe er "über Dolmetscherarbeiten reden wollen", um mit ihr ins Gespräch zu kommen.

Schmidts Rolle in der Aufklärung des Ibiza-Skandals ist mysteriös: Er war bislang vor allem im Glücksspiel bekannt, führte etwa Aufträge der Novomatic aus. Nach dem Ibiza-Video avancierte er dann kurzfristig zu einem Medienstar, weil er regelmäßig neue Informationen zu den Hintermännern des Clips publizierte. Die Novomatic kommt selbst im Video vor; etwa in Straches Äußerung, "Novomatic zahlt alle" – gemeint waren Politiker aller Parteien.

Verhandlungen mit Strache über weitere Ibiza-Videos

In der Anordnung, die den "Salzburger Nachrichten" vorliegt, ist auch davon die Rede, dass Detektiv H. über seinen Komplizen K. am 6. Juni in Wien an Strache herantrat und ihm bislang nicht veröffentlichte Passagen aus dem Ibiza-Video verkaufen wollte. Er sollte "mindestens 400.000 Euro" dafür verlangen, gegenüber Strache selbst wurde laut Anordnung vorerst aber kein konkreter Betrag genannt.

Straches Anwalt Johann Pauer wollte die Angaben, wonach es Verhandlungsgespräche zwischen Strache und K. über das Ibiza-Video gegeben hat, im Gespräch mit dem STANDARD weder bestätigen noch dementieren. Er gebe "aufgrund des laufenden Ermittlungsverfahrens und um die Ermittlungsarbeit nicht zu gefährden vorerst keine Stellungnahme in der Causa" ab.

DER STANDARD hatte bereits Anfang November darüber berichtet, dass Strache das vollständige Ibiza-Video kaufen wollte – und zwar nach der Veröffentlichung einiger Szenen durch "Süddeutsche Zeitung" und "Spiegel".

Das Ibiza-Video war allerdings nicht der einzige Grund für die Festnahmen und Razzien. Den Verdächtigen werden eine ganze Reihe von Delikten vorgeworfen – es gilt die Unschuldsvermutung. In der Festnahmeanordnung finden sich die Tatbestände Täuschung, Nötigung, gefährliche Drohung, Gründung einer kriminellen Vereinigung, Geldwäscherei, schwere Erpressung, Diebstahl, Urkundenfälschung, unbefugter Waffenbesitz und Vorbereitung von Drogenhandel. (fsc, red, 20.11.2019)