Annegret Kramp-Karrenbauer kritisiert die Reaktion der CDU auf das Video von Rezo.

Foto: APA/AFP/JOHN MACDOUGALL

Knapp ein Jahr nach ihrem Amtsantritt als neue CDU-Chefin hat Annegret Kramp-Karrenbauer schlechtes Krisenmanagement sowie inhaltliche und organisatorische Schwächen ihrer Partei eingeräumt. Unter anderem bezeichnete sie in einer ARD-Dokumentation ihre Reaktion auf das Video des YouTubers Rezo im Frühjahr als "grundlegend falsch".

Schnelle Reaktion, egal welche

"Wir hätten von Anfang an sehr schnell eine Reaktion setzen müssen gegen das Video", sagte Kramp-Karrenbauer in dem Interview, das am Dienstag in Auszügen veröffentlicht wurde. "Es wäre erst einmal egal gewesen, welche Reaktion. Sie hätte nur sehr schnell erfolgen müssen."

Das Video "Die Zerstörung der CDU" habe sie im Mai kalt erwischt, räumte die CDU-Chefin ein. "Die Entscheidungen, wann reagieren wir, wie reagieren wir, sind in einer unglaublichen Hektik gefallen, wo jeder der Beteiligten immer zwischen zwei Wahlkampfauftritten gerade mal fünf Minuten Zeit hatte, um miteinander zu telefonieren."

Noch schärfer urteilt der SWR-Vorausmeldung zufolge der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) über die Antwort der CDU auf das Rezo-Video. "Die Reaktion war katastrophal, total unbeholfen", sagte er. "Später dann der Versuch, das mit einem Video zu beantworten, einmal aus der CDU, dann aus der CSU – das war einfach nicht gut."

"Bittere Lektionen"

Kramp-Karrenbauer sagte, dass die CDU im Europawahlkampf "einige bittere Lektionen gelernt" habe. "Die erste Lektion war, was mit einer Partei passiert, die bei einem großen, wichtigen Thema – und das ist der Klimaschutz – programmatisch nicht auf der Höhe der Zeit ist", sagte sie. Ein "wirklicher Fehler" sei auch gewesen, dass sie nach ihrem Amtsantritt Umstrukturierungen in der CDU-Zentrale nicht konsequent genug vorangetrieben habe. "Es gab ein altes Team – und es gab ein neues Team. Das war kein Wahlkampf aus einem Guss."

Zu dem schlechten Krisenmanagement in ihrer Anfangszeit als CDU-Chefin sagte Kramp-Karrenbauer: "Das ist natürlich nicht spurlos an mir vorübergegangen. Das kann man an Umfragewerten sehen, das kann man natürlich auch an Diskussionen in der Partei sehen. Eine Partei, die CDU insbesondere, will natürlich immer eine Vorsitzende, von der sie weiß: Die steht da vorne, auf die kann ich mich verlassen, die macht keine Fehler."

Kramp-Karrenbauer wurde am 7. Dezember 2018 auf einem CDU-Parteitag in Hamburg zur neuen Vorsitzenden gewählt. Sie setzte sich in einer Stichwahl knapp gegen den früheren Unionsfraktionschef Friedrich Merz durch. Die ARD-Dokumentation "Die Notregierung – Ungeliebte Koalition" soll am 2. Dezember ausgestrahlt werden. (APA/AFP, 19.11.2019)