Hans Niessl: "Ein Stadion kann Gewinn abwerfen."

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"Nationalsportstadion? "Ein sperriger Begriff", das gibt Hans Niessl (68) zu, und doch ist ihm der Begriff lieber als nur "Nationalstadion". Denn "Nationalsportstadion" führt in den Augen Niessls, der kürzlich als Präsident von Sport Austria (formerly known as BSO) antrat, vom Fußball weg. "Nationalsportstadion" weist darauf hin, dass dieses Stadion auch anderen Sportarten dienen sollte.

Klar ist für Niessl: "Österreich braucht ein Nationalsportstadion. Und möglichst viele Sportarten müssen die Möglichkeit haben, dort auch große Veranstaltungen durchzuführen. Natürlich muss dieses Stadion im Fußball dem internationalen Standard entsprechen. Aber darüber hinaus sollen dort Tennis und Motocross stattfinden und natürlich Wintersport, also Biathlon, Eishockey und Langlauf. Das alles und noch mehr ist die Basis für ein Nationalsportstadion." Biathlon vor zigtausend Zusehern, das kennt man etwa aus Gelsenkirchen, von der Arena Auf Schalke, die Niessl deshalb auch als Vorbild nennt. Wobei man dazusagen muss, dass die deutsche Biathlon-Begeisterung aufgrund vergleichsweise vieler Erfolge und vielleicht auch weniger Dopingfälle eine viel größere ist als in Österreich.

Fünf Bedingungen

Vor Wochen kursierten Gerüchte, ein neues Stadion müsste nicht in Wien, sondern könnte auch im Burgenland stehen. Niessl, gebürtiger Zurndorfer, war von 2000 bis Februar 2019 burgenländischer SPÖ-Landeshauptmann, Realist ist er geblieben. Im Gespräch mit dem STANDARD listet er "fünf unabdingbare Infrastrukturbedingungen für ein großes Stadion" auf: "U-Bahn, Schnellbahn, Eisenbahn, Flughafen und Autobahn! Das alles muss in der Nähe sein, man muss schließlich gewährleisten, dass 50.000 Menschen in kurzer Zeit hin- und wieder wegkommen können."

Spricht eher gegen das Burgenland und dafür, an Wien festzuhalten. Hinzu kommt, dass ein Stadion nicht nur ein Stadion ist. "Man könnte auch das Haus des Sports, den ÖFB, andere Verbände und Start-ups dort ansiedeln, ein Hotel und ein Kongresszentrum errichten."

Laut Niessl wurde in der Vergangenheit der Eindruck erweckt, Wien allein sei für einen möglichen Stadionbau zuständig. "Aber so ist es sicher nicht, Wien kann nicht für die Republik ein Stadion errichten. Und man muss auch nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass der Steuerzahler belastet wird. Das Stadion kann auch von Privaten errichtet und betrieben werden. Ein Stadion muss kein Verlustgeschäft werden, ein Stadion kann auch Gewinn abwerfen."

"Für Fairness"

Niessl will, das kann man sagen, über Wien nichts kommen lassen. "Ich bin für Fairness. Der Bund kann nicht sagen, er baut in allen Bundesländern bei Sportstätten mit, nur Wien soll allein bauen." Obwohl es in der Hauptstadt keine Leichtathletik-Anlage gibt, auf der man auch nur österreichische Meisterschaften veranstalten könnte, obwohl die Schwimmbäderanzahl überschaubar ist, sagt Niessl: "Wien hat als Sportstadt sehr viel zu bieten. Aber natürlich gibt es da und dort Handlungsbedarf."

In Innsbruck und Graz nahm Österreich kürzlich vergebliche Anläufe zur Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2026. Was fehlte, war der Rückhalt in der Bevölkerung. Niessl meint, der Sport stehe diesbezüglich vor einer großen Herausforderung. "Großveranstaltungen müssen grüner werden, umweltfreundlicher, müssen Plastik vermeiden. Das muss ein sportlicher Schwerpunkt sein. Nur so wird man die Menschen davon überzeugen können, Großveranstaltungen wieder gutzuheißen."

Fünfzig Jahre

Apropos grün. Den Skisport sieht Niessl, der als Sport-Austria-Präsident einem Parteikollegen, dem im August verstorbenen Rudolf Hundstorfer, folgte, nicht akut gefährdet. "Wenn wir Klimaschutz ernst nehmen, dann wird der Skisport auch in Zukunft noch existieren", sagt Hans Niessl. "Dann kann ich mir vorstellen, dass es auch in fünfzig Jahren noch Schnee geben wird." (Fritz Neumann, 20.11.2019)