In der Serie alles gut? denkt STANDARD-Redakteur Andreas Sator über eine bessere Welt nach – und darüber, welchen Beitrag er leisten kann. Melden Sie sich hier für seinen kostenlosen Newsletter an.

Manzoor Qadir ist Assistenzdirektor des Instituts für Wasser und Umwelt an der United Nations University.

Foto: UN University

Die Welt hat ein Problem. Es gibt immer mehr Menschen, die immer mehr konsumieren – und damit Wasser verbrauchen. Gleichzeitig wird das Wasser aufgrund der Klimakrise knapper. Die Nachfrage steigt, und das Angebot sinkt. Wie damit umgehen? Auf der Welt gibt es schon heute 16.000 Entsalzungsanlagen, sagt Manzoor Qadir von der United Nations University. Sie hätten noch großes Potenzial. Trinken wir bald alle Wasser aus dem Meer?

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Der Norden Chiles ist extrem trocken, das Wasser dort knapp. Eine Entsalzungsanlage in Antofagasta versorgt viele Menschen in der Region mit Trinkwasser.
Foto: AFP / Martin Bernetti

STANDARD: Sie forschen zur Entsalzung von Wasser aus dem Meer. Warum braucht es das überhaupt?

Qadir: Auf der Welt gibt es genug Wasser. Dass wir zu wenig haben, ist ein Mythos. Aber wir haben ein Problem mit der Verteilung. Im Nahen Osten und in Nordafrika leben etwa fünf Prozent der Weltbevölkerung. Aber sie haben nur ein Prozent der Wasserressourcen. Es ist dort ein sehr knappes Gut. Gleichzeitig gibt es aber andere Regionen, die für Jahrzehnte oder vielleicht Jahrhunderte mehr als genügend haben.

STANDARD: Ist es aber nicht wichtiger, weniger verschwenderisch mit Wasser umzugehen oder bessere Kläranlagen zu bauen?

Qadir: Ja, das ist essenziell! Aber auch wenn wir all das machen, reicht es in den Ländern nicht, wo Wasser extrem knapp ist. Entsalzungsanlagen haben dort großes Potenzial. Wir haben uns das erst in einer Studie angeschaut. Auf der Welt gibt es etwa 16.000 Anlagen. Sie produzieren 35 Milliarden Kubikmeter an Wasser in guter Qualität. Derzeit sind aber nur vier Länder – Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und Katar – für fast die Hälfte des entsalzten Wassers verantwortlich.

STANDARD: Dort wäre ein Leben sonst nicht so vorstellbar.

Qadir: So ist es. Diese Anlagen sind in einigen Ländern lebensnotwendig. Die Menschen hätten sonst nichts zu trinken. Das Leben in Saudi-Arabien wäre ohne Entsalzungsanlagen nicht denkbar. 90 Prozent der Anlagen stehen in wohlhabenden Ländern, zehn Prozent in mittelreichen Ländern. In den ärmsten gibt es sie quasi nicht. Die Kosten sind immer noch relativ hoch.

Die Entsalzungsanlage in Antofagasta.
Foto: Martin Bernetti / AFP

STANDARD: Viele ärmere Länder haben jetzt schon große Probleme damit, die Bevölkerung mit Wasser zu versorgen. Der Klimawandel macht es noch schwieriger.

Qadir: Die Kosten sind zuletzt enorm gesunken. Ein Kubikmeter Wasser, also 1000 Liter, kostet entsalzt heute 50 Cent. Vor 20 Jahren kostete er noch fünf Dollar, zehnmal so viel! Die Kosten für Energie sind massiv gesunken. Einerseits weil die Energiepreise nach unten gegangen sind. Andererseits weil die Anlagen immer weniger Energie brauchen. Aber das Wasser, das sie produzieren, ist für die ärmsten Länder noch immer zu teuer. Für sie wird es schwierig. Die entwickelten Länder oder Länder mit Öl können sich das leisten.

STANDARD: Kann man die Anlagen mit erneuerbarer Energie betreiben? Sie müssen ja rund um die Uhr laufen.

Qadir: Es wird probiert, mit Sonne und Wind zu arbeiten. Das ist aber erst am Anfang. Noch laufen die meisten Anlagen mit fossiler Energie.

STANDARD: Salzwasser gibt es quasi unendlich. Können wir, wenn wir es uns leisten wollen, unendlich viel Süßwasser produzieren?

Qadir: Es gibt zwei Limits. Da ist einmal das wirtschaftliche, das Geld. Das zweite ist die Umwelt. Bei der Entsalzung bleibt eine Lauge über: eine hochkonzentrierte Salzlösung, die wieder zurück ins Meer geschüttet wird. Bisher gab es keine gute Schätzung über das Ausmaß des Problems. Wir haben herausgefunden, dass unter dem Strich auf der Welt mehr Salzlauge entsteht als gutes Wasser. Wir können nicht einfach mehr und mehr entsalztes Wasser produzieren, ohne dafür eine Lösung zu finden. Das ist nicht nachhaltig für das Meer und das Leben dort. Derzeit sind die Anlagen alles andere als nachhaltig.

STANDARD: Gibt es Ideen für einen Umgang damit?

Qadir: Ja, es gibt viele Studien dazu. Es wurde in kleineren Anlagen probiert, und es wurde geschafft, weniger Salzlauge zu produzieren. Oder Lauge, die man anderweitig verwenden kann, etwa um Metalle zu gewinnen. Wichtig ist, dass es jetzt gelingt, diese kleinen Anlagen größer zu machen.

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