Intensitätsverteilung eines elektrischen Wellenfeldes, das ein wohldefiniertes Drehmoment auf das quadratische Target ausübt.

Foto: TU Wien

Will man winzige Objekte manipulieren, braucht es eine Pinzette. Aber auch diese Greifer, seien sie auch noch so sensibel, haben ihre Grenzen: Biologische Zellen oder gar Moleküle lassen sich mit solchen mechanischen Werkzeugen nicht mehr zerstörungsfrei festhalten. Licht dagegen könnte ab gewissen Dimensionen die Pinzettenfunktion durchaus übernehmen. Die Idee dazu hatte der US-amerikanische Physiker Arthur Ashkin bereits 1970, wofür er 2018 auch zusammen mit Gérard Mourou und Donna Strickland den Nobelpreis erhielt.

Die von Ashkin und seinen Kollegen vorgestellte Methode beruht darauf, dass Licht auf mikroskopische Objekte eine Kraft ausüben kann, die groß genug ist, um sie zu bewegen oder auch in Schwebe zu halten. Die entsprechende Energie kommt dabei von stark fokussierten Laserstrahlen, die lebende Zellen, Moleküle und sogar einzelne Atome festhalten können.

Doch die Methode hat auch ihre Nachteile: Das Verfahren funktionierte bisher nur in Umgebungen, die der Laserstrahl ungestört durchdringen kann, in denen das Licht also nicht gestreut wird. Das trifft etwa zu, wenn sich das zu manipulierende Zielobjekt in der Luft oder auch in einer Flüssigkeit befindet. Will man dagegen ein Objekt in einem Medium mit einer deutlich komplexeren Struktur wie etwa organischem Gewebe erfassen, wird der Strahl gestört, und die optische Pinzette kann letztlich nicht richtig funktionieren.

Physikern der Technischen Universität (TU) Wien ist es nun jedoch erstmals gelungen, optische Pinzetten selbst im Inneren komplizierter Strukturen einzusetzen. Die Forschungsgruppe um Stefan Rotter vom Institut für Theoretische Physik entwickelte eine Rechenmethode, mit deren Hilfe die Streuwirkung des Mediums ausgeglichen werden kann.

Komplexe Berechnungen

Dazu muss das Zielobjekt mitsamt seiner Umgebung zunächst mit verschiedenen Lichtwellen beleuchtet werden, um aus den gemessenen Reflexionen dessen Struktur zu ermitteln. Auf Basis der so gewonnenen Daten wird dann berechnet, wie ein Lichtstrahl aussehen muss, damit er auf seinem Weg zum Zielobjekt durch die Streuung genau so umgeformt wird, dass er dort die Wirkung einer Pinzette entwickeln kann.

In Experimenten mit Mikrowellen, die an der Universität Nizza in Frankreich durchgeführt wurden, setzten die Forscher ihre Rechenergebnisse bereits in die Praxis um. "Da ging es erst einmal darum, die grundsätzliche Machbarkeit zu demonstrieren", sagt Rotter. Das Zielobjekt war in diesem Fall zwar noch viel zu groß, um es tatsächlich in Bewegung versetzen zu können. Die Messungen bestätigten jedoch die berechneten Wellenformen.

Rotter zufolge arbeitet seine Gruppe gemeinsam mit einem britischen Forscherteam bereits daran, die Ergebnisse auf ein Experiment mit sichtbarem Licht zu übertragen. Dabei sollen dann erstmals winzige Objekte bewegt werden, die sich hinter einer streuenden Schicht verbergen. "Letztendlich ist die Zukunftsvision, ein System zu entwickeln, das sich in Echtzeit auch auf veränderliche Umgebungen wie etwa lebendes Gewebe einstellt und immer die optimale Wellenform für die Pinzette erzeugt", sagt Rotter. (tberg, red)