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STANDARD: Wie ist der Flight Simulator technisch möglich?

Jörg Neumann: Zukunftstechnologie! Angefangen hat das, als ich noch an einem Projekt rund um Hololens gearbeitet habe. Die Idee dahinter war, dass man bestimmte Orte auf der Welt besuchen kann. Das sah alles gut aus und fühlte sich auch so an, als wäre man direkt vor Ort. Dann habe ich mich gefragt, ob man das weltweit machen kann. Ich habe das Projekt dann Phil (Spencer, Anm.) gezeigt, und er hat mich dann angesehen und gefragt: "Wieso zeigst du mir ein Video von Seattle in irgendeinem Flugzeug?" Ich bin dann rechts abgedriftet, und er hat mich angeschaut mit den Worten: "Oh, Echtzeit?"

Aber das war eben nur eine Stadt, und es gibt weltweit mehr als zwei Millionen Städte. Ich bin dann zu den Bing-Leuten gegangen, und die haben mir zwei Petabyte Daten geschickt. Und dann braucht man halt auch eine Streaming-Engine, die das kann. Ich hab mich weltweit umgeschaut, und mit Asobo hab ich bereits zusammengearbeitet, die hatten die nötige Technik. Wir haben uns dann also angeschaut, ob wir in der ganzen Welt herumfliegen können, und das hat dann auch alles funktioniert. Die Cloud macht es möglich.

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STANDARD: Wie funktioniert die Simulation?

Neumann: Wir haben einerseits eine Echtzeitsimulation des Wetters, die Sachen wie Lufttemperatur, Luftdruck und so weiter berücksichtigt. Hierbei stehen uns rund 65.000 Quellen zur Verfügung. Unser Provider sitzt in der Schweiz, der überlässt uns diese ganzen Daten. Wir haben aber auch weitere Partner. Zum Beispiel haben wir die Daten von allen Fliegern weltweit – die fliegen dann akkurat durch die Landschaft. Zudem sammeln wir die Daten von Schiffen und wollen hierbei auch Züge und Tiere berücksichtigen. Wir wollen den Planeten richtig machen!

STANDARD: Wird es auch Jahreszeiten geben?

Neumann: Eventuell. Wir wissen, dass das Spieler wollen. Ich lese jeden Tag im Forum, was gewünscht wird. Wir sammeln diese Wünsche und wie oft diese erwähnt werden. Das wird dann auch priorisiert. Virtual Reality wird gewünscht, auch Jahreszeiten. Aktuell steht eine Kampagne hoch im Kurs. Wir passen da schon genau auf, was die Spieler wollen. Wir werden das Game auf jeden Fall nicht nächstes Jahr veröffentlichen und dann nicht mehr daran arbeiten. Wir werden uns da schon in den nächsten zehn Jahren darum kümmern.

Ich weigere mich aber, etwas Halbherziges zu veröffentlichen. Leute wollen zum Beispiel einen Helikopter. Wir wollen ihnen das bieten. Aber um einen Hubschrauber richtig gut zu machen, braucht man einen Hubschrauberpiloten. Du kannst das nicht machen, wenn du nicht weißt, wie sich so etwas anfühlt. Um das genau richtig zu machen, braucht es Erfahrung.

STANDARD: Zu den Systemanforderungen: Schafft die aktuelle Konsolengeneration überhaupt das Spiel?

Neumann: Ja, ja. Die Leute glauben, dass die Systemanforderungen viel höher sind. Man kann alles Mögliche an- und ausstellen – Raytracing zum Beispiel. Du kannst das Spiel zum Beispiel komplett nach unten fahren, dann sind die Gebäude halt nicht so schön.

STANDARD: Sie haben bereits VR angesprochen. Wie hoch steht das Thema auf der Prioritätenliste?

Neumann: Sehr hoch! Asobo und ich haben jahrelange Erfahrung mit VR. Wir wissen, wie eine lahmarschige und eine gute Umsetzung aussehen. Wir wollen eine gute Lösung bringen, beispielsweise indem das Cockpit von der restlichen Welt abgeschnitten wird. Dann kannst du dich frei darin bewegen, und die Welt im Hintergrund fängt nicht zu schimmern an. Wir haben mit VR schon angefangen, wollen es aber richtig machen.

STANDARD: Wird es ein Software-Developement-Kit für Add-on-Entwickler geben?

Neumann: Ja, das wird demnächst veröffentlicht. Normalerweise kommt so ein Tool ja heraus, wenn das Spiel erscheint. Wir machen das anders, nämlich mindestens sechs Monate vorher. Die Add-on-Entwickler haben sich alle gefreut. Wir machen ja im Grunde keine Flugsimulation, sondern eine Plattform. Rundherum muss ein Ökosystem bestehen, sonst kann diese nicht gesund sein. Ich rede oft mit den Add-on-Entwicklern und habe sie jedes Mal gefragt, welche Features sie brauchen, damit sie einen guten Job machen können.

STANDARD: Wird der Flight Simulator auch offen bleiben für Third-Party-Software?

Neumann: Ja. Die Entwicklung von Flight Simulator X hat ja 2007 geendet, und das Spiel wurde seither von Dritten am Leben gehalten. Ich rede oft mit den Entwicklern, und einer baut Flughäfen für das Spiel. Der hat mir gesagt, dass das sein Leben ist. Der nimmt sich wochenlang Urlaub, bekommt dann einen All-Access-Pass zu einem Flughafen, macht 40.000 Fotos, und dann baut er ein Jahr lang daran. Abartig, das ist so super! Genau solche Leute wollen wir haben.

STANDARD: Bleiben vorab gespeicherte Landschaften auf dem PC?

Neumann: Ja. Also man kann das Spiel ja entweder streamen – das kommt dann natürlich auf die Verbindung an. Wir setzen hierbei auf adaptives Streaming. Wenn du eine Leitung zwischen 15 und 25 Mbit/s hast, kannst du in HD streamen. Darunter ist es dann in SD. Wenn das Internet komplett weg ist, hast du aber immer noch eine Welt – das ist eben dynamisch. Man kann aber auch seine Flugroute vorab herunterladen. Dann fällt das Streaming komplett weg. Die meisten Piloten werden lokal bleiben. Die fliegen dann von München nach Augsburg. Ich denke, dass die sich die Route vorab herunterladen werden.

STANDARD: Jahrelang war es komplett still um den Flight Simulator, jetzt ist er mit einem Knall wieder da. Wieso eigentlich?

Neumann: Technologie und Tools. Wir wollen möglichst hohen Realismus bieten – die Welt ist hierfür wichtig. Und um das darzustellen, brauchen wir zwei Sachen: fotorealistisches Rendering und die ganzen Sensordaten. Die ganze Welt ist nun voller Sensoren. Das gab es früher nicht. Was es auch nicht gab, war eine Möglichkeit, diese Daten zu den Leuten zu bringen. Wir können zum Beispiel auch Waldbrände in Echtzeit ins Spiel übertragen. Diese Daten, das ist alles kostenlos. Ohne die Cloud und auch unsere zahlreichen Partner würde das also nicht funktionieren.

STANDARD: An wen richtet sich das Spiel eigentlich?

Neumann: Unser Ziel ist, dass jeder, der den Traum zu fliegen hat, auch fliegen kann. Wir haben neben den aspirierenden und echten Piloten aber auch Leute, die einfach nur den Planeten besuchen wollen. Unser Spiel soll auch zugänglich sein. Der Flight Simulator ist so, als würdest du Flugstunden nehmen. Du kannst dich da mittels Tutorials und Erklärungen reinarbeiten. Eine Cessna zu benutzen ist gar nicht so schwierig. Wenn du eine Woche damit verbringst, kannst du damit fliegen. Die großen Airliner sind ein ganz anderes Thema – das ist ein richtiger Job.

Wir haben bei unseren Trailern gemerkt, dass sich richtig viele Leute dafür interessieren, die normalerweise keinen Flugsimulator nutzen. Mein Job ist es nun, dass ich diesen die Möglichkeit gebe, das Spiel und Fliegen zu lernen und dass es auch Spaß macht. Dafür fühle ich mich verantwortlich.

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STANDARD: Der nächste Flight Simulator erscheint 2020. Welche Baustellen gibt es noch bis zum Release?

Neumann: Wir sind mit den Flugzeugen fast fertig. Wir müssen uns noch mit den Leuten zusammensetzen, die die Flieger tatsächlich entwickelt haben. Die sagen uns dann, was wir noch verbessern sollen. Die Flughäfen sind auch schon okay, aber hier kann man natürlich noch nachbessern. Mir ist es als Biologe auch ein Anliegen, dass möglichst viele Tiere im Spiel sind. Der Planet ist mit Leben einfach interessanter. Wir arbeiten aktuell auch an Zügen und Schiffen.

Jahreszeit ist auch so ein Thema. Schnee kannst du im Grunde ganz einfach hinzufügen. Du brauchst dann aber auch Sachen wie Räumungsfahrzeuge. Der Schnee muss irgendwann tauen, dann sind die Flüsse ganz anders. Das ist mit Tieren aber auch so. Bären schlafen bekanntermaßen im Winter. Manche Tiere fliegen in Richtung Süden, andere nach Norden. Da unterhalten wir uns viel darüber, wie weit wir das bringen können. (Daniel Koller aus London, 24.11.2019)