Georg Dornauer steht zwar gern im Mittelpunkt, meistens passiert das jedoch unfreiwillig.

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Innsbruck – Georg Dornauer ist ein Glückskind. Wer heutzutage mit einer geladenen Langwaffe ein Flughafengelände betritt, könnte sich binnen Minuten einer Dutzendschaft schwerbewaffneter Cobra-Beamter gegenübersehen. Nicht so der Tiroler SPÖ-Chef und Sellrainer Waidmann.

Er bedankte sich freundlich via Twitter bei der Polizei, die am vergangenen Samstag sein Jagdgewehr sichergestellt hat. Er hatte die Waffe auf dem Rücksitz seines Autos, das mit geöffnetem Fenster im Flughafenparkhaus in Innsbruck stand, liegengelassen – während er selbst ins Burgenland reiste, zu Parteifreund Hans Peter Doskozil.

Polizei hat geladene Waffe protokolliert

Ein Missgeschick, wie sein Anwalt wissen ließ. Vermutlich habe Dornauer beim Einfahren in das Parkhaus das falsche Fenster geöffnet und in der Folge vergessen, es wieder zu schließen. Warum der Jäger dabei eine – laut Polizeiprotokoll geladene – Waffe auf dem Rücksitz mitführte, bleibt offen.

Dornauer selbst könne sich nicht vorstellen, dass die Waffe geladen war, sagt dazu sein Anwalt. Das wäre "gegen alle Usancen" des Sellrainer Jagdleiters. Nun muss die Bezirkshauptmannschaft den Sachverhalt klären. Bis dahin gilt für Dornauer ein vorübergehendes Waffenverbot.

Der Tiroler SPÖ-Vorsitzende selbst hat sich bislang nur auf Social Media zum Vorfall geäußert. Die Landespartei schweigt, weil es sich um eine Privatsache Dornauers handle, dessen Hobby eben die Jagd sei. Nur seiner Stellvertreterin im Landesvorstand, Nationalrätin Selma Yildirim, war eine kurze Stellungnahme zu entlocken: "Dass es ein Fehler von Georg war, ist unumstritten, und das gibt er zu. Ich gehe davon aus, dass die zuständige Behörde die richtigen Schritte setzen wird."

Interne Kritik unerwünscht

Zu innerparteilichen Konsequenzen nach Dornauers x-tem Fehlverhalten verliert Yildirim kein Wort. Der Chef führt offenbar ein strenges Regiment in Tirol und lässt keine Kritik an sich zu. Versucht man, SP-Landtagsabgeordnete zur Causa Jagdgewehr zu erreichen, folgt binnen Minuten der Anruf von Dornauers Sprecher, der auf den Anwalt als Auskunftsperson verweist.

Politologe Ferdinand Karlhofer von der Universität Innsbruck ist angesichts des Verhaltens der Tiroler SPÖ etwas ratlos: "Für die Partei stellt sich die Frage, wie lange man sich das noch leisten kann." Mit "das" ist Dornauer gemeint, der sich "notorisch zum Gespött macht", nicht nur in Tirol, sondern bundesweit.

Skandale in Serie

Die Liste der Skandale ist lang und reicht von sexistischen Sagern gegen Politikerinnen, über das Veröffentlichen einer Fake-E-Mail, die der Tiroler VP einen Spendenskandal andichten wollte, bis hin zum Affichieren seines eigenen Konterfeis statt des Parteisymbols an der Fassade der Tiroler SP-Zentrale. Dass er nebenbei als permanenter Kritiker von Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner auffällt und offen mit der FPÖ flirtet, geht dabei fast unter.

Obwohl all dies gegen Dornauer als Tiroler SP-Chef spricht, fehle es den Roten schlichtweg an Alternativen, sagt Politologe Karlhofer: "Die Landespartei ist in multipler Sicht handlungsunfähig." In den vergangenen Jahren habe sich gezeigt, dass es an Führungspersönlichkeiten fehle.

Nur Dornauers Vorgängerin, die nach dem chaotischen Abgang von Ingo Mayr eingesprungene Elisabeth Blanik, habe vermocht, der Partei kurzfristig Stabilität zu geben. Doch die Lienzer Bürgermeisterin wollte den Posten an der Landesspitze der Roten nicht auf Dauer einnehmen und zog sich nach der Landtagswahl 2018 zurück. Schon damals fiel Dornauer auf, weil der ohnehin designierte Nachfolger ungeduldig an Blaniks Stuhl sägte, noch bevor sie abgetreten war. "Das hatte fast schon komödiantische Züge", sagt Karlhofer.

Stern des Jungstars sinkt

Den Sellrainer Bürgermeister bezeichnet der Politologen als "massiven Schaden" für die SPÖ. Und mit seinem jüngsten Fehltritt könnte Dornauer den Bogen überspannt haben. Sein Rückhalt in der Partei schwindet. Jugend, Frauen und linker Flügel haben sich längst von ihm abgewandt. Und sollte die Jagdgewehrposse rechtliche Konsequenzen haben, wie ein bescheidmäßiges Waffenverbot und den damit verbundenen Entzug der Jagdlizenz, müsse er gehen, hört man aus der Bundespartei.

Dornauer indes brachte eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses ein. Denn die "Kronen Zeitung", die als Erste vom sichergestellten Jagdgewehr berichtet hatte, soll diese Informationen von der Polizei direkt erhalten haben. Ob ihm das Glück bringt, ist offen. (Steffen Arora, 20.11.2019)