Die frühere Meinl-Bank, die seit Juni Anglo Austrian Bank (AAB) heißt, hat ihre Kunden aufgefordert, ihr eine neue Bankverbindung mitzuteilen. Die Aufseher von der Europäischen Zentralbank (EZB) haben dem Institut ja vorige Woche die Bankkonzession entzogen, das Handelsgericht Wien am Freitag Liquidatoren bestellt, die nun für die Abwicklung des Geschäfts zuständig sind. Der Vorstand ist somit nicht mehr im Amt und entscheidungsbefugt.

Etliche Kunden haben ihr Geld in den vergangenen Tagen schon geholt, die Gesellschaft ersucht sie auf ihrer Homepage, die nötigen Informationen zu geben, um „Ihre Kontoguthaben und Wertpapiere wegtransferieren/übertragen zu können“.

Die Entscheidung der EZB bedauert die AAB laut ihrer Homepage, allerdings ändere sie insofern nichts, als das Institut schon vor mehr als einem Monat beschlossen habe, sich aus dem Bankgeschäft zurückzuziehen. Man werde nun den Rückzug aus dem Bankgeschäft „gemäß Plan weiter fortsetzen bzw. beschleunigen“. Das tut nun eben die Anwaltskanzlei Engelhart & Partner, aus der die beiden vom Gericht bestellten Abwickler kommen.

Laut Austria Presseagentur haben die rund 2000 AAB-Kunden Einlagen von rund 200 Mio. Euro, wovon 80 Mio. von der gesetzlichen Einlagensicherung geschützt seien. Betroffen sind u. a. Pensionisten der früheren Meinl-Supermärkte. Das Institut ist fast hundert Jahre alt geworden: Gegründet hat es 1923 Julius Meinl II. als genossenschaftlicher Spar- und Kreditverein der Freunde & Angestellten des Lebensmittelkonzerns Julius Meinl AG.

Julius Meinl V., dem die Bank zuzurechnen ist, hat mit dem in Familieneigentum stehenden Lebensmittelkonzern nichts mehr zu tun. Die Beziehung der Familienmitglieder gilt als angespannt.

Julius Meinl V. ist erst heuer aus dem Aufsichtsrat der Bank ausgestiegen. Deren Leitung hatte er 1983 übernommen, „mit der Vision, das Haus in eine Privat- und Investment Bank angelsächsischer Prägung umzuwandeln“, wie auf der Homepage der AAB nachzulesen ist.

MEL und Aufsichtsstreit

Die vergangenen Jahre waren für die Privatbank mit Sitz im Herzen der Wiener Innenstadt allerdings durch viele Probleme belastet. Die Causa Meinl European Land (MEL) führte zu Anlegerverfahren sonder Zahl, von denen die meisten inzwischen per Vergleich beendet sind.

Im heurigen Sommer hat die AAB einen Generalvergleich mit dem Prozessfinanzierer Advofin geschlossen. Ausgemacht wurde, dass rund 4000 Anleger eine Entschädigung von 36 Millionen Euro bekommen, zum Ausgleich ihrer Verluste aus dem Kursabsturz der MEL-Papiere 2007.

Immer heftiger wurde auch der Streit der Banker mit der Aufsichtsbehörde FMA. Die ortete immer wieder Missstände in der Bank, verhängte Strafen, zeigte die Bank rund um den brasilianischen Korruptionsskandal Odebrecht an, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe und es gilt die Unschuldsvermutung. All das führte letztlich zum Entzug der Lizenz durch die EZB.

Die frühere Meinl-Bank heißt seit Juni Anglo Austrian Bank (AAB).
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Das erschließt sich aus dem Beschluss der Aufseher, der bereits wirksam ist, gegen den die AAB aber noch Rechtsmittel erheben kann. Dasselbe gilt für die Entscheidung des Handelsgerichts Wien, Liquidatoren einzusetzen. Ob man vorhat, die Entscheidungen zu bekämpfen, oder das bereits getan hat, ist von den Anwälten der Ex-Meinl-Bank nicht in Erfahrung zu bringen.

Die EZB hat ihr Entzugsverfahren seit 26. April dieses Jahres geführt, auf Vorschlag der FMA. Die hat laut EZB seit 2008 „mehrere“ Vor-Ort-Prüfungen durchgeführt, davon waren vier auf die Prüfung der Prävention von Geldwäsche gerichtet. Zudem habe die österreichische Aufsichtsbehörde 24 „förmliche Aufsichtsmaßnahmen“ gegen die frühere Meinl Bank verhängt.

"Überschaubare" Fortschritte

Da ging es beispielsweise um Anordnungen rund ums Eigenkapital, verzögerte Vorlage von Jahresabschlüssen oder eben Vorkehrungen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, auch bei riskanten Back-to-back-Geschäften.

Laut EZB hat das Institut schon im Rahmen dieser Verfahren genügend Zeit und Gelegenheit gehabt, die von der FMA festgestellten Defizite zu beheben.

Der Fortschritt dabei sei aber „sehr überschaubar“ gewesen, argumentierten die europäischen Aufseher den Lizenzentzug. (Renate Graber, 21.11.2019)