Der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek möchte gerne in die Landesregierung.

Foto: der Plankenauer/Mag.Plankenauer

In seinem Büro im Grazer Landhaus, dem Sitz der Landesregierung – ein prächtiger Renaissancebau –, hängt ein mächtiges Kriegsgemälde mit einer Schlachtenszene aus dem Ersten Weltkrieg. Der Vorgänger in den Räumlichkeiten, der Dritte Landtagspräsident Gerhard Kurzmann, habe das Wilhelm-Thöny-Bild aus "militärhistorischer Sicht" sehr geschätzt, heißt es. Mario Kunasek wird als ehemaliger Verteidigungsminister ebenfalls einen entsprechenden Zugang haben, ansonsten hätte er sich wohl eine etwas freundlichere Arbeitsatmosphäre geschaffen. Freundlich ist der FPÖ-Landeschef jedenfalls durchaus im Ton, aber wenn es um Asyl, Recht und Ordnung und "unsere Leut" geht, bleibt Kunasek linientreu rigoros. Da gibt’s null Toleranz, auch nicht für Lehrlinge, die von Abschiebungen bedroht sind. Gemeinsam mit der ÖVP hatte Kunaseks FPÖ vorgezogene Landtagswahlen beschlossen. Noch vor den Wirren in seiner Partei. Fazit: In den Umfragen stürzt jetzt auch die steirische FPÖ in die Tiefe.

STANDARD: Wie oft haben Sie sich eigentlich schon verflucht, dass Sie mit der ÖVP vorgezogene Wahlen beschlossen haben? Sie liegen in den Umfragen weit abgeschlagen.

Kunasek: Die Frage ist, was wäre im Mai, beim ursprünglichen Termin, gewesen? Ich hab’ ja keine Glaskugel. Die Entscheidung, früher zu wählen, war die richtige. Ein kurzer und knackiger Wahlkampf, und bis Weihnachten haben wir eine Landesregierung. Vielleicht stand bei der ÖVP auch eine gewisse taktische Überlegung dahinter, aber in Wahrheit hat die ÖVP-SPÖ-Partnerschaft nicht mehr funktioniert.

STANDARD: Was geht in Ihnen vor, wenn Sie dauernd von "Einzelfällen" in der FPÖ hören? Warum tauchen immer wieder bei der FPÖ Idioten auf, die mit Hitlergruß in die Kamera grüßen?

Kunasek Ich sage es ganz offen, solche Menschen haben bei uns nichts verloren. Norbert Hofer ist mit dem Typen sofort abgefahren. Was wir in Zukunft machen müssen, ist, dass wir uns Menschen, die zu uns kommen und mitarbeiten wollen, genauer anschauen und auch das Umfeld prüfen. Viel mehr kannst du nicht tun. Man kann ja nicht hineinschauen in die Menschen.

STANDARD: Aber warum tauchen die immer in der FPÖ auf, warum, glauben Sie, fühlen sie sich von dieser Partei angezogen?

Kunasek: Na ja, vielleicht gibt es die bei den anderen Parteien eh auch, aber dort wird das dann halt medial nicht so transportiert wie bei uns.

STANDARD: Fürchten Sie nicht, dass Sie noch die nächsten 25 Jahre mit solchen Einzelfällen leben müssen? Wie kommen Sie aus dieser Kiste raus?

Kunasek: Lieber wäre es mir schon, wenn wir die nicht hätten. Wir können nur eines machen, wenn solche Fälle auftauchen: Wenn Grenzen überschritten werden, müssen diese Menschen rigoros aus der Partei entfernt werden. Sonst haben wir ewig diese Diskussion. Natürlich: Jetzt, in einer Wahlbewegung, wo es um andere Themen gehen sollte, was bleibt hängen? Wir wollen mit Inhalten punkten und haben den Anspruch mitzuregieren, aber durch diese Fälle hast du kaum die Möglichkeit, deine Politik, deine Punkte zu transportieren. Dann wird’s mühsam. Aber die FPÖ, glauben Sie mir, ist besser aufgestellt, als medial transportiert wird. Die FPÖ als soziale Heimatpartei – das wollen wir auch bleiben und nicht eine Art CSU werden – ist von den Rechtsparteien in Europa eine, die die größten Wahlerfolge gehabt hat. Wir müssen uns inhaltlich nicht neu erfinden. Aber manchmal ist ein reinigendes Gewitter auch ganz gut, dass man sich besinnt.

STANDARD: Klar scheint jedenfalls zu sein, dass Sie Ihr Ziel, Landeshauptmann der Steiermark zu werden, wohl nicht erreichen werden. Es dürfte selbst für den zweiten Platz nicht reichen.

Kunasek: Es droht auch in der Steiermark, dass die ÖVP nach links kippt. Wir wollen einen Linksruck in der ÖVP verhindern. Heute sieht man ja, dass Kurz mit Kogler am Tisch sitzt und die nächste Bundesregierung verhandelt. Das kann auch in der Steiermark der Fall sein, und wer Schwarz-Grün verhindern will, dem bleibt nichts anderes übrig, als FPÖ zu wählen. Vor allem wenn der Nachfolger von Schützenhöfer, sein Thronfolger Christopher Drexler, kommt, ist zu befürchten, dass es in der steirischen ÖVP einen Linksruck geben wird.

Ich bin überzeugt, dass bereits viele FPÖ-Wähler, die wegen der ungeklärten Fragen in unserer Partei bei der Nationalratswahl zu Kurz gegangen sind, weil sie eine Mitte-rechts-Regierung wollten, jetzt unzufrieden sind. Ich glaube, dass viele wieder zu uns zurückkommen werden. Und es gibt auch viele ÖVP-Wähler, die mit dem eingeschlagenen Kurs der Volkspartei sicher nicht zufrieden sind.

STANDARD: Zur Steiermark: Wo sehen Sie in der Steiermark die drei ganz großen Herausforderungen, die die Steiermark in den nächsten Jahren bewältigen muss?

Kunasek: Thema Nummer eins: Das Landesbudget muss dringend saniert werden. Auch wenn's wehtut. Die Steiermark hat fünf Milliarden Euro Schulden. Das wird politisch die größte Herausforderung, diesen Schuldenberg zu verkleinern. Wir hoffen, in Regierungsverhandlungen dazu dabei zu sein. Das zweite große Thema: Gesundheit und Pflege. Das fokussiert sich momentan auf die Diskussion um das neue Leitspital in der Obersteiermark. Wo wir als FPÖ die klare Position hatten, dass die drei Spitäler Bad Aussee, Rottenmann und Schladming erhalten bleiben sollen und eines als Leitspital definiert wird. Die anderen sollen spezialisiert werden mit einer Notfallversorgung. Da wäre die ÖVP gut beraten, vom Plan, ein völlig neues Spital zu bauen und die drei zu schließen, abzurücken. Das wird sicher eine Koalitionsbedingung von uns werden.

Und eines darf man bei aller Klimadiskussion auch nicht vergessen: das Thema der Zuwanderung und illegalen Migration. Und zur Lehrlingsdebatte: Es kann doch nicht sein, dass eine Lehre über dem Asylrecht steht. Also wir sind ein Rechtsstaat, und da ist klar geregelt, wer bleiben darf und wer nicht. Wenn die Schutzgründe eben nicht vorhanden sind, dann kann nicht ein Lehrherr entscheiden, ob ein Lehrling dableiben kann. Nein, so geht das nicht. Wir müssen im Asylbereich auch in der Steiermark etwas ändern, da hat man die falschen Signale ausgesandt. Müssen alles, was die Steiermark als Zielland attraktiv macht, ausschalten.

STANDARD: Was würde sich in der Landespolitik ändern, wenn Schützenhöfer statt der SPÖ Sie als Koalitionspartner in die Regierung holt?

Kunasek: Es würde einen Kurswechsel im Asylbereich geben. Ganz sicher würden wir im Sicherheitsbereich eine andere Sprache sprechen. Bei uns stehen die Steirer im Mittelpunkt. Und dann, wo die SPÖ den Mantel des Schweigens darüberbreitet: der Sozialmissbrauch. Dort würden wir aufräumen. Das ist mit der SPÖ nicht möglich. Da braucht es mehr Fairness für unsere Leute. Eines kann man jedenfalls sagen, wenn man sich die Wahlprogramme anschaut: Die Überschneidungen mit der SPÖ sind endenwollend. Die Opposition hat natürlich auch einen Reiz, aber wenn ich es mir aussuchen kann, dann bin ich selbstverständlich lieber in der gestalterischen Rolle in einer Regierung. (Walter Müller, 21.11.2019)